Zwischenruf

Ursula-Fatima Kowanda-Yassin über Stützen im Leben

Was Frühling, Freundschaft und Glaube miteinander zu tun haben, weiß Ursula-Fatima Kowanda-Yassin, Islamwissenschaftlerin an der Sigmund Freud Privatuniversität und Buchautorin

Kennen Sie das auch? Nach einem langen Winter mit kurzen Tagen und wenig Helligkeit kommt endlich das Frühjahr; Ein wunderschönes Gefühl für mich, wenn die ersten Frühlingstage kommen und die Natur erwacht. Vögel zwitschern, die Luft wird warm, die Sonne strahlt - auch wenn immer wieder Kälteeinbrüche auftreten können. Eine Leichtigkeit ergreift mich dann, Blumen beginnen zu blühen: Schlüsselblumen, Schneeglöckchen, Leberblümchen, die Erde atmet nach ihrer Pause auf. Ich liebe den Winter auch, die klirrende Kälte, die frische Luft.

Der Frühling bringt nach dieser Zeit einfach Freude. Mir kommt vor, dass jeder mit einer Leichtigkeit und einem Lächeln im Gesicht herumspaziert. Ich bin dann immer sehr glücklich darüber, Pflanzen zu setzen, zu garteln. Wie einfach es sein kann, den Mensch zufriedenzustellen. Ein bisschen Erde, herumwühlen, das Beet oder den Blumentopf aufbereiten- und dann kommt der Moment, wo man die empfindlichen jungen Pflänzchen aus ihrem viel zu kleinen Topf befreit, in dem sie bis jetzt gewachsen sind.

Ihre Wurzeln drängen bereits durch die Löcher in der Unterseite des Topfes, lang und weiß hängen sie herab, vielleicht haben sie sich sogar außerhalb des Topfes miteinander verwachsen. Erde bröckelt herab, vorsichtig! Dass dieses junge Gewächs nicht beschädigt wird. Ein wunderschöner Moment, wo das kleine, empfindliche Pflänzchen mehr Raum bekommt, um zu wachsen. Ich spüre schon die Vorfreude darauf, jeden Tag zu beobachten, wie es sich ausbreiten kann, neue Triebe bekommt, Blätter, Blüten, um sich mit einer unglaublichen Kraft zu verändern und groß und stark zu werden.

Es ist wunderschön, dieses Leben pur zu beobachten. Ähnlich ist es für mich mit der Freundschaft. Sie will gepflegt und geliebt werden, dann kann sie zu einem unbezwinglichen Baum heranwachsen, egal, welcher Sturm auch aufkommen mag, sie bleibt stabil. Sie braucht nur manchmal etwas Aufmerksamkeit, etwas mehr Zeit. Wenn sie einmal gewachsen ist, ist sie eine verlässliche Stütze.

Und ähnlich ist für mich der Glaube. Jetzt gerade ist Ramadan, der muslimische Fastenmonat, wo von Morgendämmerung bis Sonnenuntergang auf Essen, Trinken und Sexualität verzichtet wird. Eine Zeit, um den Glauben etwas mehr zu pflegen. Der Glaube ist für mich auch wie ein Pflänzchen, das Liebe und Aufmerksamkeit braucht. Manchmal ist das Pflänzchen vielleicht schwächer, braucht mehr Pflege, und dann wächst es kraftvoll ganz von selbst und kann für andere eine Quelle des Lebens und Glücks sein. So verhält es sich für mich mit dem Glauben: tief im Herzen, gefüllt mit dem Wunsch nach abwechselndem Geben und Empfangen, nach innen kehren und dann nach außen da sein. Ich schaue auf meine Pflänzchen und sehe, welche Freude sie bringen und vertraue darauf, dass sie stark und wunderschön werden.

Kleiner Tipp übrigens: Wer gerne gartelt, kann eine Patenschaft für eine Baumscheibe übernehmen und Pflanzen setzen. Baumscheiben sind Grünflächen rund um Bäume an den Straßenrändern in Wien; ähnliches gibt es in anderen Städten. In meiner Baumscheibe tummeln sich Schmetterlinge, Bienen, Regenwürmer, Kröten. Und einmal in der Nacht habe ich das Geschnaufe eines Igels gehört, der in den Wiesenblumen herumgewandert ist und dabei die Gräser zum Wackeln gebracht hat.

Service

Ursula-Fatima Kowanda-Yassin, "Öko-Dschihad. Der grüne Islam - Beginn einer globalen Umweltbewegung", Residenz Verlag

Südwind-Magazin: Öko-Dschihad

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Dollar Brand
Album: CAPE TOWN FRINGE
Titel: The Pilgrim/instr.
Solist/Solistin: Dollar Brand /Piano
Ausführende: Unbekannt
Länge: 12:45 min
Label: Bellaphon 28807121

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