Ein Trainer spielt mit einem Kind Fußball.

APA/ROBERT JAEGER

Zwischenruf

Marco Uschmann über die Faszination Fußball

von Marco Uschmann, Pfarrer für Öffentlichkeitsarbeit Evangelische Kirche in Österreich

"Gott ist rund" könnte man in diesen Tagen meinen. Ich spreche natürlich von der Fußballeuropameisterschaft, die derzeit ausgetragen wird. Allerorten und in allen Medien dreht sich alles um das Runde, das ins Eckige muss. Und wie immer hält der Fußball, was er verspricht: Erlösende Tore werden aus dem Nichts geschossen, Torhüter liefern fantastische Paraden, Mannschaften wachsen über sich hinaus und schaffen das scheinbar Unmögliche. Wunder geschehen auf dem Platz, mit denen niemand gerechnet hat.

Fußball fasziniert, rund um den Globus, Alt und Jung, quer durch alle Gesellschaftsschichten. Das mag daran liegen, dass das Spiel die meisten aus dem Alltag herausholt: Fußballfeste werden gefeiert, in Coronazeiten zieht fast so etwas wie Normalität ein. Heute ist übrigens Halbzeit - zwei Wochen sind gespielt, zwei Wochen folgen noch. Es ist das Spiel, das die meisten Menschen fasziniert. Ausgetragen wird es mit einfachen Regeln. Aber es ist natürlich viel mehr: Es ist die Möglichkeit, sich mit seinem Team zu identifizieren, mitzuleiden und mitzujubeln. Und wo gibt es denn noch die Möglichkeit, dass alles über den Haufen geworfen wird?

Im Fußball ist bekanntermaßen alles möglich. Kein Wunder also, dass ein Großteil der Menschen gepackt und fasziniert ist vom Spiel auf dem Rasen - das man ja noch nicht einmal aktiv spielen muss, um glühender Anhänger oder glühende Anhängerin eines Teams zu sein. Und so bietet der sportliche Vergleich auf dem Fußballfeld auch noch die Möglichkeit, sich in einer großen Gemeinschaft von Gleichgesinnten auszuleben: mit Liedern, der gleichen Kleidung und den gleichen Farben.

So ist die Welt denkbar einfach eingeteilt in Gegner und das eigene Team. Aber das greift zu kurz. Denn längst reicht die Liebe zum Sport über Vereinsgrenzen und Ländergrenzen hinaus. Die Menschen feiern gemeinsam den Fußball und die Fußballfeste. Die friedliche Fankultur steht im Zentrum. Und die Lieder haben längst ihren Ursprung verlassen und werden von den Fans vieler Mannschaften und Länder angestimmt. Das berühmte "You'll never walk alone", gleichsam Hymne des FC Liverpool, hat längst seinen Siegeszug durch die Fußballclubs angetreten. Es gibt unterschiedliche Deutungen dieses "You'll never walk alone" - "Du gehst niemals allein". Mir gefällt die Erklärung am besten, dass die Fans es für ihre Mannschaft singen. Sie singen vom Beistand, egal wie die Leistung ausfällt - "wir begleiten euch durch dick und dünn, in Verzweiflung, bei Sieg oder Niederlage".
Das klingt vertraut in meinen Ohren.

Denn es entspricht punktgenau der Zusage Gottes an die Menschen. Vielleicht spricht Gott nicht dezidiert von "Sieg oder Niederlage" - wobei es ja auch noch Unentschieden gibt. Aber wenn ich Sieg oder Niederlage in Hoffnung und Leid, in Trost und Einsamkeit übersetze, dann klingt das noch vertrauter. Es schwingt etwas davon mit, wenn es um unbedingten Beistand geht, egal was kommen mag.

Aber ich will den Ball flach halten: Natürlich ist Gott nicht rund - Gott ist Gott, der beste Begleiter des Menschen mit allem, was dazugehört: Trost und Beistand. Nähe und Liebe. Aber es ist dieses Spiel und die Faszination des Ganzen drumherum, das mich manchmal einen Hauch von ihm spüren lässt. Vor allem, wenn tausende Menschen "You'll never walk alone" singen.

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Richard Rodgers
Bearbeiter/Bearbeiterin: Rob Mathes
Album: YOU'LL NEVER WALK ALONE
Titel: You'll never walk alone/instr. / aus dem Musical "Carousel"
Leitung: Rob Mathes
Orchester: Unbekannt
Länge: 03:48 min
Label: Decca 4607982

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