Tonspuren

Porträt der un-fassbaren Sasha Marianna Salzmann

Ich bin nicht das, was ihr mir gesagt habt, das ich bin
Ein Porträt der un-fassbaren Sasha Marianna Salzmann
Feature von Franziska Sophie Dorau

Sasha Marianna Salzmann ist schwer zu fassen: Sie ist queer, ohne sich der Illusion hinzugeben, man könne die Geschlechter "abschaffen". Sie ist Jüdin und Atheistin. Sie wurde geboren in der Sowjetunion und schreibt auf Deutsch - einer Sprache, die sie im Jugendalter als Kontingentsflüchtling lernte und mit der sie, wie sie sagt, eine "Vernunftehe" einging - geprägt von höflichem, gegenseitigem Misstrauen, welches viel Raum zum Experimentieren eröffnet. Raum, um unverbrauchte Bilder in unerwartete Worte zu übersetzen.

Schreiben, sagt sie, sei wie Zwiebeln schälen - man zieht die Schichten ab, eine nach der anderen, bis man irgendwann zu weinen anfängt und der Bildschirm vor den Augen verschwimmt. Sie mutet sich sich selbst zu. Dabei kann sie auf einer Seite abgrundtief traurig und auf der nächsten geistsprühend komisch sein. In ihren Theaterstücken und Romanen nimmt sie Anleihen an ihrer russisch/sowjetisch/migrantischen Familiengeschichte, ohne jedoch autobiographisch zu sein. Sie würde gerne mal eine flirrende lesbische Liebesgeschichten in Palermo erzählen, aber landet doch immer wieder in der zerfallenden Sowjetunion, um ihr "über die schlaffen Schenkel zu streicheln".

Ihr neuer Roman trägt den Titel "Im Menschen muss alles herrlich sein" - ein Tschechow Zitat, das in russischen Ohren so garnicht freundlich klingt, da es jahrzehntelang als Auftakt für fiese Zurechtweisungen von Oben herab diente. In einer Zeit in der alle herrlich sein mussten, aber niemand es sein konnte, weil die Restriktionen das Individuum im Menschen erstickten.

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