Zwischenruf

Stefan Schröckenfuchs über 150 Jahre Methodisten in Österreich

Von Stefan Schröckenfuchs, Superintendent der Evangelisch-methodistischen Kirche in Österreich

Anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums meiner Kirche in Österreich habe ich mich mit den Lebensgeschichten verschiedener Methodistinnen und Methodisten beschäftigt. Die Biografien von drei Frauen haben mich dabei besonders beeindruckt. Es sind die Geschichten von Amelie von Langenau, Luise Scholz und Paula Spörri-Seidlmann.

Amelie war Tochter eines dänischen Ministers. Später hatte sie als Ehefrau bzw. Witwe eines österreichischen Diplomaten Einfluss am österreichischen Hof. Luise stammte aus einer methodistischen Pastorenfamilie, und heiratete selbst auch einen methodistischen Pastor. Paula wuchs als Halbwaise in finanziell prekären Verhältnissen auf. Allen Schwierigkeiten zum Trotz wurde sie Lehrerin, und arbeitete später in China.

Bei allen Unterschiedlichkeiten gibt es in den drei Biografien einiges, das sie verbindet. Paula hatte mit vier Jahren den Verlust des Vaters zu verwinden. In Folge wuchs sie in finanziell schwierigen Verhältnissen auf. Luise verlor als Jugendliche während des ersten Weltkriegs in kurzer Zeit Eltern und Geschwister. Und Amelie musste nach dem Tod ihres Ehemanns auch den frühen Tod des einzigen Sohnes hinnehmen.

Trotz dieser Schicksalsschläge, oder vielleicht auch gerade durch sie, hatten sie alle einen festen Halt in ihrem Glauben gefunden. Und sie haben sich unermüdlich für das Wohl anderer eingesetzt.

Paula hat sich als Lehrerin und Missionarin besonders um das Wohl von Kindern bemüht. Sie hat an verschiedenen Orten Schulen und Bildungsmöglichkeiten geschaffen, und unter schwierigsten Umständen in der Zwischenkriegszeit ein Mädchenheim in Wien geleitet. Die finanziellen Mittel dafür hatte sie meist selbst aufgetrieben. Luise war eine Netzwerkerin, die sich vor allem der Arbeit mit Frauen verschrieben hatte. Mit ihrem Engagement für den internationalen "Weltgebetstag der Frauen" hat sie auch während der NS-Herrschaft Friedensarbeit geleistet. Amelie hat ihren politischen Einfluss und ihre Finanzkraft genutzt, um verschiedenste soziale Projekte und Einrichtungen zu fördern. Auch der noch jungen Methodistenkirche hat sie viele Türen geöffnet.

Was mich an den Geschichten dieser Frauen beeindruckt, ist ihr klarer Blick für die Nöte anderer Menschen, und ihre Bereitschaft, für die Benachteiligten aktiv zu werden. Vielleicht wurden sie gerade durch die eigenen Schicksalsschläge sensibel für die Not anderer.

Heute erlebe ich oft, dass danach gefragt wird, was ich will, was mir dient, und was mein Recht ist. Paula, Luise und Amelie dagegen haben ihr Leben nicht für sich selbst gelebt. Sie haben das Engagement für andere an die erste Stelle gestellt. Sie haben dem biblischen Auftrag entsprechend im besten Sinne Gott und ihre Mitmenschen geliebt. Und mir scheint, sie haben das mit einer gewissen Fröhlichkeit getan. Darin sind sie mir ein Vorbild. Denn der Kreislauf von Not und Elend wird da durchbrochen, wo Menschen füreinander da sind. Und ich habe immer wieder erlebt: Dasein für andere gibt meinem Leben Sinn.

Dasein für andere ist überdies jedem Menschen möglich. Egal, ob man wohlhabend ist. wie Baronin von Langenau. Oder ob man aus einem frommen Haus kommt, wie Luise Scholz. Oder ob man in armen Verhältnissen aufgewachsen ist, wie Paula Spörri-Seidlmann. Entscheidend ist, ob ich bereit bin, es zu tun.

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Franz Schubert
Album: Hans Leygraf: 3 Schubert Recitals - CD2
* Rondo. Allegretto - 4.Satz
Titel: Sonate für Klavier Nr.20 in A-Dur DV 959
Klaviersonate
Solist/Solistin: Hans Leygraf /Klavier
Länge: 11:38 min
Label: Caprice CAP21444 (3 CD)

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