Jascha Heifetz

Jascha Heifetz - GEMEINFREI

Das Ö1 Konzert

Korngold und Wagner ohne Worte

(I) Los Angeles Philharmonic, Dirigent: Alfred Wallenstein; Jascha Heifetz, Violine.
Erich Wolfgang Korngold: Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35 * (II)
BBC Scottish Symphony Orchestra, Dirigent: Antony Hermus. Richard Wagner: Meistersinger - An Orchestral Tribute (aufgenommen am 3. Februar in den City Halls, Glasgow). Präsentation: Peter Kislinger

Mehr als eskapistisches Zuckerwerk

Der 1897 in Brünn geborene und in Wien ausgebildete Altösterreicher Erich Wolfgang Korngold sehnte und träumte sich in Hollywoods Traumfabrik nach Wien zurück. Im März 1938 hatte ihn der "Zauber der Ferne" zufällig vor einem Schicksal bewahrt, das man sich nicht ausmalen möchte. Korngold hielt sich in Hollywood auf und blieb nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland in den USA. "Der Heimat still blühendes Glück", wie es in Korngolds 1920 uraufgeführtem Opernwelterfolg "Die Tote Stadt" heißt, blieb ihm nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verwehrt. In seiner Heimat Österreich war es Korngold nicht vergönnt, wieder Fuß zu fassen.

Skizzen zu seinem nostalgischen und melodiesatten Violinkonzert waren noch in Wien entstanden. Uraufgeführt wurde es 1947 in St. Louis von Jascha Heifetz, von dem in dieser Sendung eine Aufnahme aus dem Jahr 1953 zu hören ist.

Eskapistisches Zuckerwerk hat ein Rezensent in Korngolds Violinkonzert gehört, in Sirup getränkte Melodien und Harmonien. Schon Korngold hatte aber ein Mittel gegen Überzuckerung parat. Das sehnsüchtig aufsteigende Hauptthema des 1. Satzes verliert sich in der Fremde, in einem der Heimattonart D-Dur fremden Ton. "Nobile" soll dieses zum Schlürfen schöne und vom Orchester aufgegriffene Thema gespielt werden. Der gewiefte Dramatiker fügte auch in der Kadenz Bitterstoffe hinzu, und neben Wirklichkeitsflucht Marke "Traumfabrik Hollywood" sind auch Wirklichkeitssplitter der Weltkriegsjahre eingearbeitet.

Keinen Paganini, sondern einen Caruso, wünschte sich Korngold besonders für den 2. Satz. Er verarbeitet Musik aus der mit einem Oscar prämierten Musik zum Film "Anthony Adverse". Etwaige überschüssige Kalorien werden im Feuerwerk des 3. Satzes verbrannt. Er lässt die eine oder andere Augenbraue hochgehen, musikhistorische Nasen lassen mit dem Rümpfen nicht lange auf sich warten, sind es doch Variationen über ein Motiv, das Korngold im Hollywood-Film "The Prince and the Pauper" verwendet hatte.


Wagner im Zeitraffer oder Meister ohne Singer

Vom Komponisten und Arrangeur Henk de Vlieger stammt eine symphonische Wagner-Tetralogie: "The Ring - an orchestral adventure", "Parsifal - an orchestral quest", "Tristan and Isolde - an orchestral passion" und "Meistersinger - an orchestral tribute". Vier (gute?) Gründe für Wagner ohne Worte: Wieland Wagner sprach 1960 zum jungen Dirigenten Lorin Maazel: "Im Orchester, da liegt doch das Wesentliche. Das ist der Text unterm Text - das universale Unterbewusste, das die Figuren Wagners miteinander verbindet."

Vergleiche mit Sängerleistungen von "früher", die nicht selten zugunsten des Früher ausfallen, erübrigen sich. Und sind diese Arrangements, oder Umarbeitungen, nicht auch pädagogisch? Viele mögen ja Singen an sich nicht - so entgeht vielen die subtile, oft narkotisierende Instrumentationskunst Wagners. Mit diesem "orchestralen Wagner" ist vielleicht ein erster Schritt in die Sucht getan. De Vliegers Verlag spricht von "dezenten Eingriffen in die Originalpartituren", mit denen er "die Essenz der jeweiligen Opern" einfange. De Vlieger "lässt vor den Ohren ganze Szenen entstehen und vergehen und zeichnet wichtige vokale Passagen feinsinnig im Orchester nach." Dem "Programm der Musik" könne "in durchkomponierter Form leicht" gefolgt werden.

Wagner ohne Sänger - ist das nicht das unsichtbare Theater, von dem Wagner träumte? Nicht nur in seinen Alpträumen wurde er vom "Kostüm- und Schminkewesen" geplagt. Der ("große") Dirigent Erich Leinsdorf steuerte einen vierten Grund bei. Nach 1959 und 1972 verzichtete er auf weitere Bayreuth-Auftritte: Opernhäuser seien zu "Versuchsstationen einer kleinen Schar von Wirrköpfen" verkommen.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Erich Wolfgang Korngold/1897 - 1957
Album: THE JASCHA HEIFETZ COLLECTION / VOLUME 21
Titel: Konzert für Violine und Orchester in D-Dur op.35
* Moderato nobile - 1.Satz (00:07:47)
* Romance - 2.Satz (00:07:09)
* Finale : Allegro assai vivace - 3.Satz (00:06:31)
Violinkonzert
Solist/Solistin: Jascha Heifetz /Violine
Orchester: Los Angeles Philharmonic
Leitung: Alfred Wallenstein
Länge: 21:52 min
Label: RCA 09026617522

Komponist/Komponistin: Richard Wagner / 1813 - 1883
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Richard Wagner /1813 -1883
Bearbeiter/Bearbeiterin: Henk de Vlieger /Arrangement/ *1953
Titel: Meistersinger - An Orchestral Tribute
Titel: 1. Vorspiel
Titel: 2. Versammlung der Meistersinger : "Seid meiner Treue wohl versehen" / 1.Akt / Bearbeitung für Orchester
Titel: 3. Gesang der Lehrbuben : "Johannistag Blumen und Bänder, so viel man mag / 2.Akt / Bearbeitung für Orchester
Titel: 4. Sachsens Monolog : "Was duftet doch der Flieder" / 2.Akt / Bearbeitung für Orchester
Populartitel: Fliedermonolog
Titel: 5. Vorspiel zum 3.Akt
Titel: 6. Taufspruch "Selig, wie die Sonne meines Glückes lacht" / Bearbeitung für Orchester
Titel: 7. Züge der Zünfte / Zwischenspiel zur 5.Szene 3.Akt
Titel: 8. Tanz der Lehrbuben / 3.Akt
Titel: 9. Aufzug der Meistersinger : "Silentium" / 3.Akt / Bearbeitung für Orchester
Titel: 10. Walthers Preislied "Morgenlich leuchtend im rosigen Schein" / 3.Akt
Titel: 11. Schlussgesang : ".....ehrt eure deutschen Meister" / 3.Akt
Orchester: BBC Scottish Symphony Orchestra
Leitung: Antony Hermus
Länge: 56:30 min
Label: EBU

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