Malarina: Die kleinste gemeinsame Minderheit

31. Juli 2022, 09:05

"A jeda gheat zu ana Minderheit" erkannte Wolfgang Ambros 1977. Auch Malarina könnte davon ein Lied singen. Oder sogar zwei oder drei. Als queere Migrantin erlebt die gebürtige Serbin täglich Diskriminierungen aus ganz unterschiedlichen Richtungen. Doch Malarina leistet Widerstand: gegen fest verankerte Vorurteile und das vermeintliche Volksempfinden, strukturellen Rassismus und strammen Rechtspopulismus, gegen Aufwiegelungen und Abstumpfungen - und die schleichende Verschiebung von roten Linien. Mit scharfer Zunge und klugem Witz setzt sie sich auch abseits der Kabarettbühnen für Gleichberechtigung und Anerkennung benachteiligter oder angefeindeter Bevölkerungsgruppen ein.

Malarina heißt eigentlich Marina Lackovic. Anfang der 90er emigrierten ihre Eltern mit ihr nach Tirol. Marina wuchs in Innsbruck auf und übersiedelte nach der Matura nach Wien, um Vergleichende Literaturwissenschaft zu studieren. Ihren anschließend jahrelang ausgeübten Job in der ORF-Online-Redaktion hat sie erst vor wenigen Monaten zugunsten ihrer Kabarett-Karriere an den Nagel gehängt. Dabei hätte sie sich selbst noch vor drei Jahren nie auf einer Bühne vermutet. Ihr Ziel war es eigentlich nur, als Autorin an Programmen für den im Wiener WUK beheimateten Politically Correct Comedy Club (PCCC) der Queer Community mitzuwirken. Dessen Mitbegründerin, Denice Bourbon, konnte sie aber dazu überreden, ihre Texte selbst vorzutragen. Ein Kurzauftritt Ende 2019 sollte zum zündenden Funken für die Senkrechtstarterin werden.

Es gibt gewiss nicht viele Kabarettist:innen, die sich auf der Suche nach funktionellen Inhalten für ihr erstes eigenes Bühnenprogramm ausgerechnet für Weltkrieg, Vergangenheitsbewältigung, Nationalismus, Rassismus und anderes Elend entscheiden. Also für Themen, die für finstere Phasen unserer jüngeren Geschichte verantwortlich und daher nicht wirklich Garanten für eine entspannt-fröhliche Grundstimmung im Publikum sind. Doch Malarina hat genau das getan. Aus hierzulande ungewohnter Perspektive spannt sie in ihrem Debut einen Bogen von Sarajevo bis Ibiza und von der Balkanroute bis zum Brunnenmarkt. "Serben sterben langsam" geriet ihr zu einer fesselnden Mischung aus pointiertem Geschichtsunterricht, aktueller Politsatire und scharfsinniger Ethnocomedy - und brachte ihr heuer auf Anhieb den Förderpreis der "Österreichischen Kabarettpreise" ein. Eine gekürzte Version des Programms ist am Freitag den 12. August im Hauptabendprogramm von ORF1 sehen.

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• Peter Blau