Drei Komponisten auf der Suche nach Exotik

14. Dezember 2022, 14:05

Strawinskys "Chant funèbre"

Strawinskys "Chant funèbre" erlebte seine Uraufführung am 17. Januar 1909 im Großen Saal des St. Petersburger Konservatoriums im Rahmen eines Gedenkkonzertes für seinen im Vorjahr verstorbenen Lehrer Rimski-Korsakow. Die Partitur ging nach der ersten Aufführung verloren. In den 1930er Jahren nannte Strawinsky "Chant funèbre . das beste meiner Werke vor dem Feuervogel." Was die "chromatische Harmonik" anlangt sei es das bis dahin "avancierteste" gewesen. 2015 entdeckte eine Bibliothekarin des Sankt Petersburger Konservatoriums die Partitur. Am 2. Dezember 2016 wurde das Werk vom Orchester des Mariinsky-Theaters unter der Leitung von Waleri Gergijew zu neuem Leben erweckt.


Tristan Klingsors und Ravels "Shéhérazade"

Vier Jahre vor Rimski-Korsakows Ableben wurde Maurice Ravels Liederzyklus "Shéhérazade" für Sopransolo und Orchester uraufgeführt. Ravel, der Rimski-Korsakows Instrumentationskunst bewunderte, vertonte drei Gedichte aus einem von Rimski-Korsakows symphonischer Suite "Scheherazade" inspirierten Gedichtzyklus von Léon Leclère, der sich aus Verehrung für Richard Wagner "Tristan Klingsor" nannte.


Eine kaleidoskopartige Folge von Märchenbildern orientalischen Gepräges

Ursprünglich wollte Rimski-Korsakow den vier Sätzen seiner Suite neutrale Überschriften geben: Prélude, Ballade, Adagio und Finale. Freunde drängten ihn jedoch, für die Uraufführung in Sankt Petersburg 1888 Satzüberschriften liefern: "Das Meer und Sindbads Schiff", "Die Geschichte vom Prinzen Kalender", "Der junge Prinz und die junge Prinzessin", "Das Fest in Bagdad - Das Meer - Das Schiff zerschellt an einer Klippe". Bald zog Rimsky-Korsakow die Überschriften zurück. Er habe lediglich "eine kaleidoskopartige Folge von Märchenbildern orientalischen Gepräges" im Sinne gehabt. Mit dem Titel habe er bloß die Phantasie des Hörers auf den Weg lenken wollen, den seine Phantasie beschritten hatte. "Alles, was ich wollte, war, dass der Hörer, wenn er mein Stück als symphonische Musik mochte, den Eindruck mitnehmen sollte, dass es zweifellos eine orientalische Erzählung von zahlreichen und mannigfaltigen märchenhaften Wundern ist und nicht nur vier nacheinander komponierte und gespielte Stücke." Die vier Sätze beruhen auf Themen, die allen Sätzen gemeinsam sind: "Details der musikalischen Komposition lassen erkennen, dass es sich um verschiedene Erzählungen einer Person (die zufällig Shekherazada ist), mit welchen sie ihren tyrannischen Ehemann unterhält."

Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Peter Kislinger