Schwerbewaffnete Polizisten mit Atemschutzmasken

APA/DPA/BERND VON JUTRCZENKA

Punkt eins

Im "Jahrhundert des Terrors"

Die vielen Formen politischer Gewalt. Gäste: Dr. Dieter Reinisch, Historiker & Dr.in Daniela Pisoiu, Politikwissenschafterin. Moderation: Xaver Forthuber. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Zum 20. Jahrestag der Anschläge von New York hatte der Zeithistoriker Dieter Reinisch unsere Zeit als "Jahrhundert des Terrors" bezeichnet. Zu Recht? Im dritten Jahrzehnt nach 9/11 erschüttern Anschläge die ganze Welt - zuletzt etwa in Indonesien, wenige Wochen zuvor in der Türkei.

In Wien geht derzeit der Prozess um den Terroranschlag von 2020 weiter und ruft Erinnerungen an ein einschneidendes Erlebnis in der jüngsten österreichischen Zeitgeschichte wach. Die EU schickt Anti-Terror-Einheiten zur Unterstützung in die Sahelzone - hat aber weiterhin auch mit Terrorismus im Inneren zu kämpfen: Die radikale Unabhängigkeitsbewegung auf Korsika, in deren Umfeld es zuletzt wieder mehrere Verhaftungen gab, oder die kürzlich ausgehobene Zelle aus der deutschen "Reichsbürger"-Szene werden als terroristische Vereinigungen geführt.

Die europäische Justizbehörde will jetzt den Informationsfluss über terroristische Aktivitäten zwischen den Mitgliedsstaaten verbessern. Eine Debatte, ob nicht auch die radikaleren Ausprägungen des Klimaaktivismus als "terroristische Aktivitäten" einzustufen sind - moralisch und rechtlich -, füllt indessen in Deutschland die Kommentarspalten und schaffte es sogar bis in die Politik. So vergeht kaum ein Tag, an dem Terror und Terrorismus nicht in aller Munde sind.

Was wir unter Terrorismus verstehen und wer die Definitionsmacht darüber hat; wie sich der Begriff, dessen Wurzeln in die Zeit der Französischen Revolution zurückreichen, über die Jahrhunderte entwickelt hat; welche Ausformungen Terror annimmt und wie jeweils versucht wird, ihn zu bekämpfen - das verfolgt Dieter Reinisch in seinem soeben erschienenen Buch "Terror. Eine Geschichte der Gewalt". Das Spektrum reicht von einer Zeit, in der "Terrorismus" durchwegs positiv besetzt war - als Gewaltanwendung mit höherem politischem Ziel im Gegensatz zu einfacher Kriminalität - über (Links-)Nationalismus bis zu Staatsterrorismus und zu den dschihadistischen und rechtsextremen Terrorwellen der jüngeren Vergangenheit, der Gegenwart und darüber hinaus.

"Wer Terrorist:in ist, wird von Staaten bestimmt", schreibt der Autor unter anderem, und: "Auch liberale Demokratien üben regelmäßig und systematisch Terror aus". Und ohne das islamistische Terrorpotenzial herunterspielen zu wollen, erinnert er doch daran, dass "vom Rechtsterrorismus im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die größte Anschlagsgefahr im globalen Norden" ausgehe.

Über diese und andere Thesen - und ihre Konsequenzen - diskutiert Xaver Forthuber mit Dieter Reinisch und mit der Politologin Daniela Pisoiu, Senior Researcher am Österreichischen Institut für Internationale Politik. Sie promovierte am Centre for the Study of Terrorism and Political Violence der Universität St. Andrews in Schottland, nach eigenen Angaben Europas älteste Terrorismus-Forschungsanstalt, und ist Mitglied des European Expert Network on Terrorism Issues (EENeT).

Reden Sie mit Xaver Forthuber und seinen Gästen: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

Service

Buch:
Dieter Reinisch: Terror. Eine Geschichte der politischen Gewalt. Promedia 2022

Sendereihe

Gestaltung

  • Xaver Forthuber

Playlist

Untertitel: Alanis Morissette & Guy Sigsworth
Titel: Versions of Violence
Ausführende: Alanis Morisette
Länge: 03:36 min
Label: MCA Records

Untertitel: Slizzy Bob, Peter Gabriel
Titel: Mother Of Violence
Ausführende: Slizzy Bob, Peter Gabriel
Länge: 02:43 min
Label: DropPop

Untertitel: Anne Dudley, Gary Langan & J Jeczalik
Titel: Instruments of Darkness (2017 Remastered Version)
Ausführende: Art of Noise
Länge: 04:10 min
Label: Island records

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