Zigaretten liegen im Wasser am Boden.

AFP/JOEL SAGET

Medizin und Gesundheit

Neujahrsvorsatz Nichtrauchen

Strategien zwischen Nikotinverzicht und -ersatz

Rund 12 Milliarden Zigaretten wandern in Österreich jährlich über die Ladentische der Trafiken. Der Konsum von Tabakwaren liegt dabei deutlich über dem OECD-Durchschnitt. 25 Prozent der erwachsenen Bevölkerung greifen mehr oder minder regelmäßig zum Glimmstängel.

Mehr rauchende Jugendliche, mehr rauchende Frauen

Einer Untersuchung des IHS zufolge gibt es zudem in kaum einem anderen Land der Welt so viele jugendlichen Raucher sowie ein derart niedriges Mindestalter für den Kauf von Zigaretten. Auch der Anteil an rauchenden Frauen nimmt zu, sodass immer mehr Patientinnen mit typischen Folgeerkrankungen wie Lungenkrebs oder COPD diagnostiziert werden. Immerhin lassen sich 8 von 10 Fälle einer chronisch obstruktiven Bronchitis auf das Rauchen zurückführen.

Gesetzliche Regelungen

Obwohl 2019 das Schutzalter beim Rauchen auf 18 Jahre angehoben und das Rauchverbot in der Gastronomie nach langem Tauziehen auch in Österreich etabliert wurde, wird munter weitergeraucht. Kommendes Jahr soll der Nichtraucherschutz daher ausgeweitet werden. Auch ein Rauchverbot an öffentlichen Plätzen ist im Gespräch, wenngleich ein generelles Rauchverbot im Freien nicht angedacht ist. Kritisch gesehen wird hier die Janusköpfigkeit des Staates. Denn einerseits propagiert er via Gesundheitsministerium den Rauchstopp, gleichzeitig jedoch streift er jährlich über rund 2 Milliarden Euro an Tabaksteuern, nicht zweckgebunden, ein. Das sind immerhin rund 77 Prozent pro Päckchen.

Blauer Dunst, weißer Rauch und Nikotin-Beutel

Zudem soll der Verkauf der - gerade bei Jugendlichen so beliebten - Nikotinbeuteln, die zwischen Lippe und Zahnfleisch geschoben werden, unter 18 Jahren verboten werden. In Vorarlberg wurde dieser Schritt bereits vollzogen. Das "Snusen" liegt gerade bei der jungen Generation im Trend und wird als rauchfreie Alternative zum Tabakkonsum angeboten. Neben der gleichsam aufputschenden und entspannenden Wirkung kann regelmäßiger Konsum jedoch zur Abhängigkeit führen.

Sind Shishas eine Alternative?

Besonders beliebt sind bei der jungen Generation auch Varianten der Wasserpfeife, die als Einweg-E-Shishas vermeintlich harmloses Dampfen versprechen. Dabei handelt es sich um meist nikotinfreie, batteriebetriebene Verdampfer mit Geschmacksrichtungen wie Bubble-Gum oder Melone, die ökologisch höchst zweifelhaft sind.

Sind die neuen Ersatzprodukte unschädlich?

Tatsächlich dürften sich die rauchertypischen Lungenschäden bei den Ersatzprodukten in Grenzen halten. Erste Vermutungen legen jedoch nahe, dass Inhaltsstoffe wie Propylenglykol und Armomastoffe zu entzündlichen Veränderungen der Atemwege führen könnten. Zudem würden derartige Rauchwaren die Erfolge von Anti-Raucher-Kampagnen zunichtemachen, die man in Bezug auf Tabakkonsum in den vergangenen Jahren umgesetzt hat.

Welche Rolle spielen die neuen Rauchalternativen beim Rauchstopp?

Der Sozialmediziner Univ.-Doz. Dr. Ernest Gromann sieht Möglichkeiten für E-Zigaretten, Tabakerhitzer oder Nikotin-Pouches, im Rahmen eines Rauchentwöhnungsversuches: "Wir können den Menschen nicht etwas wegnehmen oder Verbote aussprechen, ohne ihnen Alternativen anbieten zu können."
Dabei würden auch nicht immer Arzt und Apotheker, sondern auch die Trafiken als niederschwellige Ansprechstellen für die zahlreichen frischgebackenen Ex-Raucher dienen.

Fachgesellschaften sind skeptisch

Die 2021 erschienene S3-Leitlinie für Tabakentwöhnung, an dem viele medizinische Fachgesellschaften mitgearbeitet haben, empfiehlt indes E-Zigaretten zur Reduktion des Zigarettenkonsums explizit nicht, weder zur Entwöhnung noch zur Schadensminimierung. Ähnliches gilt für Tabakerhitzer.

Dr. Ronny Tekal widmet sich mit seinen Gästen in der letzten Ausgabe des Jahres dem Dauerthema Rauchen und gibt Tipps, wie man die bevorstehenden guten Vorsätze zum Nikotinverzicht auch dauerhaft einhalten kann.


Sendungsvorbereitung und Moderation: Dr. Ronny Tekal
Redaktion: Dr. Christoph Leprich und Lydia Sprinzl


Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Fragen:

Gehören Sie zu den dissonanten Rauchern, die etwas an ihrem Nikotinkonsum ändern wollen?

Wie viele Aufhörversuche zu Neujahr haben Sie bereits hinter sich?

Mit welcher Methode hat es geklappt?

Haben Sie durch Ihr Rauchverhalten bereits körperliche Schäden davongetragen?

Service

Studiogäste:

Univ.-Doz. Dr. Ernest Groman
Sozialmediziner und Spezialist für Raucherentwöhnung
Wissenschaftlicher Leiter des Nikotin-Institutes
Rechte Wienzeile 81/1
1050 Wien
Tel.: +43/1/585 85 44
E-Mail
Homepage

Prof. Mag. Bernhard Heinzlmaier
Sozialwissenschaftler
Institut für Jugendkulturforschung und Kulturvermittlung
Alserbachstr. 18/7.OG
1090 Wien
Tel.: +43/1/532 67 95
E-Mail
Homepage

Prim.a Priv. Doz.in Dr.in Robab Breyer-Kohansal
Fachärztin für Lungenheilkunde
Leiterin der Abteilung für Atmungs- und Lungenerkrankungen
Forscherin am Ludwig-Boltzmann-Institut für Lungengesundheit
Lehrbeauftragte an der Sigmund Freud Privatuniversität Wien
Klinik Hietzing
1130 Wien
Wolkersbergenstraße 1
Tel.: +43/1/80110 2472
E-Mail
Homepage

Weitere Anlaufstellen und Info-Links:

Rauchfrei-Telefon 0800 810 013
Nikotininstitut
Institut für Jugendkulturforschung
Vivid - Fachstelle für Suchtprävention
Gesundheitliche Folgen des Rauchens
Sind Sie anhängig? (Fagerström-Test)
Austrian LEAD Study - LBI für Lungengesundheit
Snus wird für Unter-18-Jährige verboten (vorarlberg.orf.at)

Buch-Tipps:

Ernest Groman, Astrid Tröstl, "Rauchfrei in 5 Wochen", Springer Verlag 2014

Allen Carr, "Endlich Nichtraucher! Der einfache Weg, mit dem Rauchen Schluss zu machen", Goldmann 2012

James Clear, "Die 1%-Methode - Minimale Veränderung, maximale Wirkung: Mit kleinen Gewohnheiten jedes Ziel erreichen", Goldmann 2020

Bernhard Heinzlmaier, "Generation Corona: Über das Erwachsenwerden in einer gespaltenen Gesellschaft", Hirnkost Verlag 2021

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