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Ö1 Kunstsonntag: Radiokunst-Kunstradio

Kriegs- und Fluchttrauma über Generationen hinweg

"Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen" von Gerhard Naujoks. Mit Evamaria Salcher, Raphael von Bargen und Lukas Watzl. Tongestaltung: Anna Kuncio, Katharina Ahammer und Manuel Radinger. Musik: Julia Meinx. Regie: Philip Scheiner (ORF 2021)

"Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen" verhandelt vor allem die Themen Kriegs-/ Fluchttrauma, Identität, Integration, Assimilation, (Lohn-) Arbeit, Heimat und den Kant'schen Satz "Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen".

Grundlage der Texterstellung ist die Postmemory-Theorie von Marianne Hirsch. In deren Kern steht die These, dass sich die Kindergeneration die Traumata der Elterngeneration gerade auch durch deren Schweigen zu eigenen "fremden Erinnerungen" macht, die Leerstellen also füllt.

Hugo kommt zur Zeit des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders als Fremder in Annis Heimat. Er heiratet sie, obwohl sie mit Paul schwanger ist. Mit großem Elan, aber auch mit großer Naivität, versucht Hugo sich in "seiner neuen Heimat" zu assimilieren. Das Hörspiel dreht sich um Hugos Kampf gegen sein Kriegs- und Fluchttrauma, sowie die Ablehnung durch die Einheimischen und sein Scheitern an sich selbst, den Anderen und den politischen Umständen.

Was als große Hoffnung eines jungen Mannes beginnt, endet mit dem verzweifelten Lachen eines Narren. Paul kämpft gegen den Schlaf, das Schweigen Hugos, das auch sein Leben prägt. Während Hugo zum Narren wird, entwickelt sich Anni von einem naiven Mädchen zu einer selbstbewussten Frau. Ihr Lachen bleibt voller Hoffnung.

Die Tatsache, dass der Wiederaufbau und das Wirtschaftswunder auch auf der Basis der Industrialisierung durch die Nationalsozialisten und damit der Arbeitskraft von Zwangsarbeiter/innen und KZ-Häftlingen möglich waren, wird durch den Hochofen1 symbolisiert.

"Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen" spannt einen Bogen vom Ende des Zweiten Weltkriegs über den Wiederaufbau (mit der "Zerstörung der Landschaft") zur Wirtschaftswunderzeit. 2021 ist es 76 Jahre her, dass der Krieg zu Ende ging. Aber auch heute kommen Flüchtende aus Kriegsgebieten und stehen vor Problemen, die sich nicht so sehr von denen Hugos unterscheiden.

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