Großprojekte führen zu zwangsweisen Umsiedelungen

Rohstoff-Nachfrage: Indigene Völker in Gefahr

Geschätzte 350 Millionen Menschen weltweit zählen zu den Indigenen. Wie zum Beispiel Buschleute, Aborigines oder Inuit. Die weltweite Nachfrage nach Rohstoffen hat massive negative Auswirkungen auf die Lebensweise der Ureinwohner. Der Internationale Tag soll an ihre Rechte erinnern, die sehr häufig beschnitten werden.

Mittagsjournal, 09.08.2010

Negative Auswirkungen für indigene Völker

Die weltweite Nachfrage nach Bio-Treibstoff, nach Wasserkraft oder nach Rohstoffen kann kleinen indigenen Völkern ihr Land und ihre Lebensweise absprechen. Zum Beispiel bei Wasserkraft: In Brasilien wird seit Jahren der riesige Staudamm Belo Monte geplant. Wenn gebaut wird, müsste der Fluss Xingu aufgestaut werden. Die Folgen für die indigenen Völker beschreibt Herbert Wasserbauer von der Dreikönigsaktion, dem Hilfswerk der katholischen Jungschar, so: "Die Wasserwege werden nicht mehr schiffbar sein. Unterhalb des Kraftwerks wird weniger Wasser vorhanden sein und dadurch werden die Transportwege abgeschnitten. Der Wasserstand wird sich verändern, sodass die traditionelle Landwirtschaft nicht mehr möglich sein wird. Die Folge wird sein, dass es viel weniger Fischarten geben wird, was wiederum negative Auswirkungen auf das Einkommen der indigenen Bevölkerung hat."

Mitspracherechte werden ignoriert

Von Regierungsseite ist das geplante Kraftwerk verknüpft mit Hoffnung auf Wirtschaftswachstum und auf Arbeitsplätze in der Region. Darin sieht die Dreikönigsaktion ein weiteres Problem für indigene Völker: "Es wird große landesinterne Migrationsströme geben. Das wird große Auswirkungen auf die indigene Bevölkerung haben, da eine andere völlig dominante Kultur zuzieht." Die indigene Bevölkerung hätte Mitspracherecht. Doch das werde nicht eingehalten, kritisiert Wasserbauer. Ab Montag übrigens tagen die betroffenen Gruppen in Altamira, um das Projekt zu Fall zu bringen.

Beteiligung der Andritz AG?

Wasserbauer ist empört: "Es ist ein Skandal. Es scheint, dass sich ein österreichisches Unternehmen, die Andritz AG, an diesem Projekt beteiligt. Wir lehnen dieses Unrechtsprojekt ab. Daran soll es keine österreichische Beteiligung geben." Auch die regierungsunabhängige Organisation "Survival international", die mit Sitz in London weltweit Ureinwohner unterstützt, meint, das österreichische Unternehmen scheine sich bei Belo Monte zu bewerben. Von der Andritz AG heißt es, man könne sich zu laufenden Projekten nicht äußern. Man habe ein Angebot gelegt, aber keinen Auftrag erhalten. Über Chancen darauf spreche man nicht.

Zwangsweise Umsiedelung weltweit

Der Staudamm in Brasilien ist nur ein Beispiel dafür, wo die Wirtschaft indigenen Völkern zu Leibe rückt. In Indien müssen sie Bergbau-Minen weichen. Die Adivasis leben Großteils in Waldgebieten, die reich an Rohstoffen sind. "Die Völker werden zwangsweise umgesiedelt", schildert der Sozialarbeiter Angelius Michael aus Orissa im Osten Indiens.

UNO-Erklärung nicht von allen Ländern anerkannt

Die rechtlichen Lage der geschätzten 5000 indigenen Völker weltweit ist folgende: Die UNO-Vollversammlung hat eine Erklärung über ihre Rechte verabschiedet. Es geht um Selbstbestimmung, um Landrecht, und um Schutz vor Diskriminierung von 350 Millionen Menschen. Die Staaten USA, Kanada, Australien und Neuseeland haben die Erklärung damals abgelehnt. Mittlerweile haben sie zumindest Australien und Neuseeland anerkannt. Da die UN -Erklärung rechtlich nicht bindend ist, gilt als zentrales Dokument über Bildung, Rechte auf Besitz und Gesundheitsversorgung sowie die Rechte zur Förderung der eigenen Sprache die Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation. Doch diese haben bis dato nur 20 Staaten ratifiziert.