Wie die Welt gerettet werden kann

Ars Electronica 2010 macht's wieder gut

Die Ars Electronica, das Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft, findet heuer von 2. bis 11. September in Linz statt. Am 24. August 2010 wurde das Programm mit dem Generalmotto "repair" im ORF-Funkhaus in Wien präsentiert. Das Festival versteht sich als Werkstatt für die Erprobung neuer und notwendiger Ideen, Visionen und Utopien.

Mittagsjournal, 24.08.2010

Die Welt reparieren

Visionen brauche es gerade jetzt angesichts von Ressourcenknappheit, Klimawandel und einer Finanzkrise, aus der kaum Konsequenzen gezogen würden, ganz besonders, meinen die Festivalmacher. Die Ars Electronica steht diesmal unter dem Motto "repair".

Ö1 ist beim Festival mit der Installation eines Papierhauses am Linzer Hauptplatz präsent. Darin werden Arbeiten der deutschen Klangkünstlerin Christine Kubisch ausgestellt.

Seien es Klimakrise, der Crash der Finanzwelt oder die zum Alptraum werdende Informationsgesellschaft, "das einzige was uns bleibt, ist selber die Ärmel aufzukrempeln", sagte Stocker. Denn die Dramatik der Auswirkungen sei klar erkennbar, die Lethargie, mit der ihnen begegnet wird, aber unverständlich. Mit "Dann retten wir die Welt halt selber" formuliert Stocker einen weiteren "rotzigen" Ansatz des Festivalmottos.

Ein Haus aus Pappe

Der Block "Repair our society" sucht Lösungen für das Leben in einer Informationsgesellschaft, ohne Opfer von ihren Instrumenten zu werden.

Das "Papplab" und die Ausstellung "Proben" der Hochschule für bildende Künste Hamburg laufen unter "Design for repair". Im Papplab werden 6.000 Quadratmeter Karton zu Sofas, Bänken und Tischen, die im Festivalbetrieb genützt werden, verarbeitet. 100 mobile Hocker werden zusätzlich hergestellt. "Auch die Leinwände sind aus Pappe, das ist das einzige Material, das wir zusätzlich aufs Gelände bringen", erklärte Stocker.

"Proben" bringt den spielerischen Ansatz mit funktionstüchtigen Fahrzeugen im Maßstab 1:1, die mit "Akkuschraubern als Antrieb durch die Gegend düsen".

Beziehung zwischen Mensch und Roboter

Zum Oberbegriff "New Work Factory" denkt das Format "Neue Arbeit Neue Kultur" (NANK) Arbeit völlig neu. Die Future Factory präsentiert Projekte aus "the next idea", der gemeinsam mit der voestalpine seit sechs Jahren vergebenen Förderung. Außerdem geht es um die Beziehung zwischen Mensch und Roboter, vor allem der von Honda entwickelte "Asimo" wird im Mittelpunkt stehen.

"Allein, weil der Goliath Honda den David Futurelab (Forschungseinrichtung des Linzer Ars Electronica Centers, Anm.) für eine Kooperation ausgesucht hat, kann ich gar nicht aufhören mich zu freuen", meinte Stocker.

In der voestalpine Stahlwelt zeigt die Ars mit "blood and tears" die jüngste Arbeit des Medienkünstlers Richard Kriesche, die auch den Abschluss seiner 2007 begonnenen Trilogie bildet.

Das Festival als Fabrik

Der Gedanke "Repair" wird in den Werkstätten der Tabakfabrik unmittelbar umgesetzt, dort soll gezeigt werden, was man alles reparieren kann. Und auch "das Festival selber solle als Fabrik funktionieren", bleiben soll "ein anderes Bewusstsein, dass die Menschen überlegen, bevor sie das nächste Mal etwas wegwerfen, ob man das nicht reparieren kann", wünscht sich Stocker, der sich darüber im Klaren ist, dass die Ars Electronica zwar nicht die Welt retten, aber zumindest eine Geisteshaltung vermitteln kann.

Über die neue Location Tabakfabrik geriet Stocker ins Schwärmen. Er sieht im Festival "eine Form der Inbesitznahme", mit der sich die Besucher das Gebäude mental aneignen können. Sogar die alte Rohrpost werde ins Programm eingebunden, ein Lieblingsprojekt von Stocker. Weitläufige Außenflächen, ein rund 250 Meter langer Gang, eine Halle, in der man den Schall bis zu 20 Sekunden lang hören kann und überdimensionale Räumlichkeiten bieten völlig neue Möglichkeiten. Und bringen hoffentlich neue Gäste. Den Weg hin zum breiteren Publikum suche die Ars zwar schon immer, doch die Tabakfabrik einmal von innen zu sehen, spreche sicher viele an, die sonst der Ars Electronica fernblieben, zumal am Samstag ein Tag der offenen Tür stattfindet, so der Veranstalter.

Die jährlich das Festival begleitende Klangwolke trägt heuer den Titel "Baby Jet". Das Künstlernetzwerk Lawine Torren inszeniert am 4. September 2010 im Donaupark einen Thriller in Echtzeit mit einem Überschall-Magnetzug im Vakuumtunnel.

Ein höchst umweltfreundliches Haus

Ö1 ist im Rahmen der Ars Electronica am Linzer Hauptplatz mit dem "Mobilen Ö1Atelier" präsent, wo das vom deutschen Gerd Niemöller entwickelte "Haiti House" gezeigt wird, das speziell für den Wiederaufbau in Haiti konzipiert wurde. Das Baumaterial dieses Hauses besteht aus in Harz getränkten Papierstreifen, die in einem speziellen Verfahren in Wabenform gepresst und zu Paneelen zusammengefügt werden. Es ist höchst umweltverträglich und könnte die Architektur grundlegend revolutionieren.

Der Sender Ö1 möchte mit diesem Projekt aufzeigen, wie durch die Integration von wirtschaftlichen und ethischen Ansätzen ein neuer Baustoff dazu beitragen kann, die immense globale Nachfrage nach leistbaren Wohnhäusern, insbesondere in Entwicklungsländern, zu befriedigen und gleichzeitig zum globalen Klima- und Umweltschutz beizutragen.

Die Ars Electronica auf Ö1

Auf Ö1 stehen acht Sendungen ganz im Zeichen des Festivals, außerdem gibt es aktuelle Berichterstattung in den Journalen und online:

Am 2. Und 3. September wird das "Kulturjournal" live aus dem Ars Electronica Center über die Aktivitäten des Festivals berichten.

Im Rahmen von "Zeit-Ton" gibt es am 1. September eine Vorschau auf das Musikprogramm beim Ars Electronica Festival, am 9. und 10.9. werden die Preisträger der Kategorie "Digital Musics" des Prix Ars Electronica präsentiert.

Am 5. September steht "matrix - computer & neue medien" ganz im Zeichen der Ars Electronica und in "Kunstradio - Radiokunst" ist live on air und online "la petite mort des sons" von Rupert Huber aus der ehemaligen Linzer Tabakfabrik zu erleben. Live-Wassertropfen aus einem Keller, die Geräusche im Schornstein in Echtzeit in den Hallraum übertragen, Aufnahmen von Klängen der Konzerte der vergangenen Tage, Klavier und elektronische Trompete werden klangliche Impulse sein, die ihr eigenes Verklingen/Sterben auslösen. Der Übergang vom Leben zum Tod, der Moment des Verklingens, der letzte Hauch der Realität ist der Moment, den "la petite mort des sons" im Raum und für Radio beschreibt.

"Digital.Leben" widmet sich am 6. und 7. September der Ars Electronica und berichtet unter anderem über "In fondo al mare", ein Projekt zur Visualisierung von Daten - in diesem Fall von Umweltdaten sowie giftigen Frachten auf versunkenen Schiffen im Mittelmeer.

"Sind wir noch zu retten? Die Ars Electronica sucht nach Lösungen für vielfältige Krisen." lautet der Titel der "Dimensionen" am 9. September.

Service

Ars Electronica Festival, 2. bis 11. September 2010, Tabakfabrik Linz,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (50 Prozent).

Ars Electronica Festival
Consido

Übersicht