Heftige Kritik von NGOs

Menschenrechte in Österreich

Ende Jänner wird die UNO erstmals die Menschenrechtssituation in Österreich prüfen. Die Initiative "Menschenrechte jetzt" - eine Plattform von 360 österreichischen NGOs - übt heftige Kritik an Österreich: Vor allem in den Bereichen Diskriminierung, Rassismus, Asyl, Kinderrechte und Behindertenrechte gebe es deutliche Defizite.

Mittagsjournal, 09.12.2010

Keine Grundrechte in der Verfassung

Österreich sei keineswegs der Musterschüler in Menschenrechtsfragen, als der es sich oft darstelle, sagt Barbara Helige von der Liga für Menschenrechte. Über einen Grundrechte-Katalog in der Verfassung etwa, habe der Verfassungs-Konvent zwar monatelang beraten aber passiert sei nichts. "Ein Land, das sich an vorderster Front für die Menschenrechte stark macht, sollte als Selbstverständlichkeit einen Grundrechtskatalog in der Verfassung haben", sagt Helige.

Mangel bei Kinderrechten

Für die Aufnahme zumindest der Kinderrechte in die Verfassung gebe es jetzt zwar einen Gesetzesentwurf, sagt Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez vom Netzwerk Kinderrechte. Aber darin seien nur einzelne Artikel der UN-Kinderrechte-Konvention herausgegriffen.

Und die Kinderrechte würden nicht nur im Asylbereich nicht eingehalten. Das Netzwerk Kinderrechte kritisiert auch Mängel etwa beim Pflegegeld für Kinder oder eine Unterfinanzierung der Jugendwohlfahrt.

Schlechter Schutz vor Diskriminierung

Im Bereich Rassismus und Diskriminierung gebe es keine ausreichenden rechtlichen Möglichkeiten für Betroffene, sich zu wehren. Barbara Liegel vom Verein Zara nennt ein Beispiel, das sich in einer Wiener Pension zugetragen habe: Ein homosexuelles Paar sei vom Besitzer einer Pension belästigt worden und der Mann habe ihnen nicht gestattet, in seiner Pension zu übernachten. Die österreichische Gesetzeslage erlaube jedoch nur, gegen Belästigung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit vorzugehen, nicht aber gegen Belästigung aufgrund sexueller Orientierung.

Zaudern und Zögern im Asylbereich

Von einem bedenklichen Umgang Österreichs mit Schutzsuchenden spricht Anny Knapp vom Verein Asylkoordination. Etwa weil Österreich Asylsuchende in nur vermeintlich sichere Drittstaaten abschiebe. Etwa nach Griechenland. Und das auch, nachdem der europäische Menschenrechtsgerichtshof ersucht hat, das nicht mehr zu tun. Knapp: "Die Reaktion des Innenministeriums: Zaudern, Zögern, Hinausschieben, bis es nicht mehr geht. Und dann auf die berühmt Einzelfallprüfung verweisen."

Polizeimissbrauch kontrollieren

Eine Hauptforderung von "Menschenrechte jetzt" ist die Schaffung einer von der Politik völlig unabhängigen Menschenrechtsinstitution, wie es sie etwa in Deutschland schon gebe. Barbara Liegel vom Verein Zara betont, dann hätte man endlich eine Stelle, die unabhängig Polizeimissbrauch untersuchen könnte."

Von der Politik wünscht sich die Initiative "Menschenrechte jetzt" auch einen offeneren, weniger huldvollen Dialog mit ihren Kritikern und Fortschritte durch die erstmalige Prüfung der Menschenrechtssituation durch die UNO.

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