Unermüdlicher Einsatz für Asylwerber

Ute Bock: "Bis sich was ändert"

Seit 2002 ist Ute Bock (68) formell in Pension. Seither kümmert sie sich ausschließlich um ihr Projekt: 360 Asylwerber finden in 110 von ihr organisierten Wohnungen Unterkunft und Verpflegung. Die Trägerin mehrerer Preise, unter anderem des UNHCR-Flüchtlingspreises und des Bruno Kreisky Preises für Verdienste um die Menschenrechte, hat neben vielen Unterstützern auch viele Kritiker. Und sie will weitermachen, "bis sich was geändert hat".

"Wohnung, Verpflegung, Schule für die Kinder und möglichst Arbeit"

Was Asylwerber am dringendsten brauchen - Ute Bock im Ö1-Interview "Im Journal zu Gast" mit

"Die andere Seite der bösen Welt"

Für Ute Bock ist vor Weihnachten viel mehr zu tun als das sonstige Jahr. In den Ämtern werden Verfahren abgeschlossen, für betreute Familien gilt es, das Fest zu organisieren. Geschenke, die an den Verein gegangen sind, müssen aufgeteilt werden. Hunderte Packerln für Kinder seien von Pfarren und Schulklassen gekommen: "Unglaublich, Gott sei Dank. Das ist die andere Seite von der bösen Welt", freut sich Ute Bock.

Vorsichtigerer Kurs?

Die Fälle Zogaj und Komani hätten in Österreich einiges im Umgang mit Asylwerbern verändert, glaubt die Flüchtlingsbetreuerin. Es sei bekannter geworden, wie es Flüchtlingen und ihren Familien geht. Und vielleicht werde jetzt vorsichtiger vorgegangen. Dass jetzt ein Kurs der "Milde" in der Asylpolitik eingeschlagen werde, kann Bock aber nicht glauben, sie habe jedenfalls noch keine Erfahrungswerte. Unklar sei auch noch, wie die neue Ombudsstelle für derartige Fälle im Innenministerium arbeitet: "Vielleicht legen sie es in die Schublade, vielleicht schauen sie sich solche Fälle wirklich an."

"Anlaufstelle für Narren"

Was sie für ihren täglichen unermüdlichen Einsatz antreibt, beschreibt Ute Bock so: "Ich bin eine Anlaufstelle für Narren. Wenn ich auf der Straße gehe, werde ich von einem angesprochen, von dem ich genau merke, der tickt nicht ganz richtig. Wieso redet der gerade mich an und niemanden andern? - Ich strahle halt irgendwas aus, ich weiß es nicht." Sie glaube aber nicht, dass sie sehr viel ausgenützt werde. Wenn, dann sei sie selber schuld. Und nach 45 Jahren in dem Geschäft merke sie das, wenn sie jemand über den Tisch ziehen möchte.

"Das kann ja nicht das Ziel sein!"

Das Grundproblem ist nach Ansicht von Ute Bock die Gesetzeslage, die geändert werden müsste. Aber "jeder hat Angst um seine Wählerstimmen." Das Vordringlichste für die Flüchtlinge seien Wohnung, Verpflegung, Schule für die Kinder und möglichst Arbeit. "Weil keine Beschäftigung macht krank. Ich habe in jeder Wohnung Leute, die schon zum Psychiater gehen, weil sie nicht mehr können. Das kann ja nicht das Ziel sein, bitte!"

Buchhalter wacht über Finanzen

Finanziell gehe es jetzt besser als vor zwei Jahren, weil sie bekannter geworden sei, sagt Ute Bock. "Aber es ist immer noch zu wenig. Weil die Leute, die herkommen und was brauchen, immer mehr werden." Zu den prominentesten Unterstützern gehört der Bauunternehmer Hans-Peter Haselsteiner, der nach einer Spende von 100.000 Euro noch immer monatlich 10.000 Euro überweist. Die einzige Bedingung: "Keine Schulden machen." Ein Buchhalter überwache die Finanzen.

"Bis sich was geändert hat"

Wie lange will Ute Bock noch weitermachen? An Urlaubsreisen denkt sie jedenfalls nicht: "Können Sie sich das vorstellen? Auf Lampedusa, vor diesem Gefängnis, diesem Auffanglager, sich an den Strand in die Sonne legen und zuschauen, wie Autobusse mit den verdunkelten Scheiben vorbeifahren und die aus dem Wasser Gefischten dort hineinbringen. Also ich möchte nirgends hinfahren." Eine - utopische - Vorstellung, wann sie ihre Arbeit beenden könnte, hat Ute Bock aber: "Ich will es so lange machen, bis sich was geändert hat. Wenn einmal jemand zu mir sagt: Was machen Sie noch da, kommt eh kein Mensch, sperren's zu die Bude - okay, dann war's gut."