"Niemand kann mich aufhalten!"

"The Hunter" von Rafi Pitts

Eigentlich hätte der iranische Filmregisseur Jafar bei der diesjährigen Berlinale einen Sitz in der Wettbewerbsjury übernehmen sollen, doch das Regime im Iran hat ihn letztes Jahr festgenommen. Seither sitzt er so wie auch sein Kollege Mohammad Rasoulof im Gefängnis.

Nicht nur die Berlinale wird als Solidaritätsgeste Filme von Panahi zeigen, sondern in den nächsten Wochen auch das Österreichische Filmmuseum in Wien. Einer der Jafar Panahi gut kennt, ist der iranische Regisseur Rafi Pitts. Sein neuer Film "The Hunter" kommt morgen regulär in die heimischen Kinos.

Kultur aktuell, 10.02.2011

Jafar Panahi sei ein guter Freund von ihm und sein eigener Regieassistent Mehdi Pourmussa wie ein kleiner Bruder, meint der iranische Regisseur Rafi Pitts. Beide sind letztes Jahr im Iran verhaftet worden, weil das Regime ihre künstlerische Arbeit als staatsgefährdend einstufte. "Jafar Panahi ist allein wegen der Idee zu einem Film schon in Haft genommen worden", betont Rafi Pitts.

Jäger wird zum Gejagten

Sechs Jahre Gefängnis und 20 Jahre Berufsverbot für Jafar Panahi lautete letzten Dezember das Urteil des Gerichts, das die Existenzgrundlage des Regisseurs zerstört. Keineswegs ein Zufall, dass es der Hauptfigur in Rafi Pitts neuem Film "The Hunter" ähnlich ergeht:

Ein aus der Haft entlassener Mann in Teheran, von Rafi Pitts selbst gespielt, findet kaum Möglichkeiten zu arbeiten, seine Frau wird bei einem Schusswechsel auf der Straße getötet, seine Tochter verschwindet spurlos, doch bei der Polizei gibt man sich zugeknöpft. Ein Mensch, der alles verloren hat, also nichts mehr zu verlieren hat und sich daher gegen die Staatsmacht auflehnt.

Mit seinem Jagdgewehr erschießt er einen Polizisten. Eine Verfolgungsjagd beginnt, der Jäger wird zum Gejagten. Analogien zur politischen Wirklichkeit im Iran liegen nahe, doch Rafi Pitts will keine Interpretation vorgeben: "Ich komme aus einem Land, in dem den Menschen vieles aufgezwungen wird, ich werde mich also hüten, dem Kinozuseher irgendetwas aufzuzwingen oder eine Botschaft vorzugeben."

Aufführungsverbot für "The Hunter" im Iran

Dass er seinen Film überhaupt im Iran drehen konnte, verdankt Rafi Pitts einem zeitlichen Glücksfall, denn die Drehgenehmigung wurde noch vor den Unruhen im Jahr 2009 erteilt, die Dreharbeiten kurz davor abgeschlossen. Freilich hat "The Hunter" im Iran ein Aufführungsverbot, die Realisierung eines weiteren Films in seiner Heimat ist für Rafi Pitts, der selbst in Paris lebt, derzeit unmöglich, doch er lässt sich nicht beirren: "Natürlich werde ich wieder einen Film im Iran machen. Niemand kann mich aufhalten."

Und auch der gesellschaftliche Umbruch im Iran lasse sich ohnehin nicht mehr aufhalten. "Niemand kann junge Menschen stoppen, die eine Veränderung wollen, das gilt nicht nur für den Iran", so Pitts. Und noch was: "Die Ära von Präsident Ahmadinejad geht dem Ende zu, das ist nur eine Frage der Zeit."

Service

Frankfurter Rundschau - Interview mit Rafi Pitts