Mehr unbekannte Regisseure eingeladen

Vorschau auf die Berlinale

Am 10. Februar 2011 beginnt in Berlin die 61. Berlinale. 16 Filme stehen im Wettbewerb um den Goldenen Bären, der am 19. Februar von der Jury rund um Präsidentin Isabella Rossellini verliehen wird.

Nach den glamourösen Jubiläumsfestspielen letztes Jahr setzt die Berlinale heuer verstärkt auf neue, noch unbekannte Regisseure. Was aber nicht heißt, dass die Stars fehlen.

Kultur aktuell, 10.02.2011

Kevin Spacey als Finanzhai

Zur Eröffnung wird der neueste Film der Coen-Brüder, der Western "True Grit" mit Jeff Bridges, gezeigt. Und gleich an den ersten beiden Festivaltagen werden sich die Oscar-Gewinner die Klinke in die Hand geben: Die Coen-Brüder und Jeff Bridges, außerdem Kevin Spacey und Jeremy Irons. Die beiden Letzteren sind im Film "Margin Call" zu sehen, der sich auf eindringliche Weise der Finanzkrise widmet.

Der Film zeigt die Nacht vor der Lehman-Brothers-Pleite. "Man sieht einen unglaublichen CEO dieser Firma (Kevin Spacey), der versucht, die Entdeckung, dass sie nicht Milliarden Gewinne machen, sondern Trillionen Verluste und die ganze Finanzwelt und die ganzen Menschen in Schutt und Asche legen, zu verhindern", erläutert Festivalleiter Dieter Kosslick. "Da sieht man eine Art von Absurdität, die diesen Film nahezu zum Dokumentarfilm macht."

So groß das Thema und so hochkarätig die Besetzung auch sind, stellt der Film "Margin Call" doch das Debüt von Regisseur J. C. Chandor dar.

Regiedebüt von Ralph Fiennes

Auch Schauspieler Ralph Fiennes, bekannt als Darsteller des "Englischen Patienten", präsentiert auf der heurigen Berlinale seine erste Regiearbeit. Er hat Shakespeares Kriegsdrama "Coriolanus" aus der römischen Antike in die Gegenwart verlegt, die Dialoge aber unverändert beibehalten.

Heuer habe man ganz bewusst, meint Dieter Kosslick, auf Regieneulinge gesetzt: "Das sind alles mehr künstlerische Ansätze, die wir ins Programm gebracht haben. Ob das funktioniert, können wir anschließend sehen. Natürlich ist das ein Risiko – das wissen wir auch, aber wenn wir nicht anfangen, neue Leute hier zu programmieren, dann wird es irgendwann auch ein bisschen komisch werden."

Premiere von neuem Murnberger-Film

Österreichische Filme sind heuer fünf auf der Berlinale vertreten. Im Wettbewerb - allerdings außer Konkurrenz - läuft "Mein bester Feind" von Wolfgang Murnberger. Dem Naziterror nähert sich diese Verwechslungskomödie mit groteskem Humor. "Wenn man mit so einem Film auf der Berlinale ist, muss man sich halt drauf einstellen, dass es da auch stärkeren Gegenwind geben kann", so Wolfgang Murnberger.

In der Reihe "Panorama" zeigt Marie Kreutzer ihr Debüt "Die Vaterlosen", ein unglaublich sensibel beobachtetes Geschwisterdrama mit Burgschauspieler Johannes Krisch. Im "Forum" läuft das Familien-Porträt "Folge mir" von Johannes Hammel. Urlaubsfilmchen in grellen Super-8-Farben spielen da heile Welt, während schwarz-weiße Cinemascope-Bilder die Wirklichkeit dahinter gnadenlos zum Vorschein bringen.

Ebenfalls im "Forum" ist der bereits 1983 ebendort uraufgeführte epische Dokumentarfilm "Himmel und Erde" von Michael Pilz zu sehen. Daniel Zimmermanns "Stick Climbing" über eine bizarre Klettertour ist schließlich der österreichische Beitrag in der heurigen Kurzfilmschiene.

Russischer Film gestohlen

Ein Markenzeichen der Berlinale ist natürlich ihre politische Ausrichtung. Das belegen Wettbewerbsbeiträge wie der israelische Film "Odem", der den Nahostkonflikt aus der Sicht zweier junger Palästinenserinnen beleuchtet, aber auch die Geschehnisse rund um eine hochbrisante Dokumentation über den bei Putin in Ungnade gefallenen Oligarchen Chodorkowski. Vor wenigen Tagen wurde beim deutschen Regisseur eingebrochen und die Computer mit den Endfassungen des Films entwendet. Bleibt noch eine letzte im Berlinale-Büro lagernde Kopie, die es hoffentlich am Montag zur geplanten Welturaufführung ins Kino schaffen wird.

Textfassung: Ruth Halle

Service

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