Festival für Medienkunst

transmediale beginnt

Im Umfeld der Berlinale entstand Ende der 1980er Jahre ein Festival, das der beim Filmfestival unterrepräsentierten Sparte der Videokunst eine Plattform bieten sollte. VideoFilmFest hieß es. In den 1990er Jahren verschob sich der Schwerpunkt auf die Medienkunst - und seit 1998 hat es den bis heute gültigen Namen: "transmediale".

Kulturjournal, 01.02.2011

Verantwortung übernehmen

Response:Ability, das Motto der diesjährigen transmediale, ist ein Wortspiel mit den englischen Begriffen für Antwort, Verantwortung und Vermögen. Mobile Kommunikationstechnologien - von Laptops bis Smartphones - und die Vernetzung über soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter prägen die Gesellschaft merklich. Es gilt daher, die Auswirkungen der Neuen Technologien auf unser Zusammenleben, auf Arbeitsprozesse und politische Handlungsfähigkeit zu überprüfen, meint Stephen Kovats, künstlerischer Leiter der transmediale: "Mit WikiLeaks und zuletzt den Ereignissen in Tunesien ist das Potenzial des Internets auch für eine breite Masse sichtbar geworden."

Subversive Taktiken

Die Eigenschaften dieser neu entstanden Kommunikationsstrukturen zu analysieren, sie zu kritisieren oder zu beeinflussen - das übernehmen im Rahmen der Transmediale zahlreiche internationale Künstler, Software-Entwickler und Theoretikerinnen. Keine Ausstellung steht heuer im Zentrum des Festivals, sondern thematische Bereiche, die im Rahmen von Workshops, Vorträgen und Installationen behandelt werden. Einer davon heißt HacKaWay Zone und präsentiert subversive Herangehensweisen internationaler Künstlerinnen und Gruppen, von denen einige für den Transmediale Award nominiert sind.

"Live" ist nicht "life"

Während im Haus der Kulturen der Welt die digitale Kunst überwiegt, widmet sich das parallel stattfindende Festival "Club Transmediale" der elektronischen Musik. Hier geht es um das Thema "Live", also im Sinne von Live-Übertragungen und Live-Aufführungen im Gegensatz zu Aufzeichnungen und Wiederholungen. Kurator Jan Rolf sagt: "Wir möchten zurück an den Ursprung des Wortes gehen, das wir heute ganz bedenkenlose verwenden. In die Welt gekommen ist der Begriff 'live', als mechanische Reproduktions- und Aufzeichnungsmedien erfunden wurden. Das Wort ist immer rückgebunden gewesen an eine medientechnologische Entwicklung - das wollen wir substanziell aufarbeiten."

Zwischen Konzertsaal und youtube-Clip

"What is live?" - welche Bedeutung hat in Zeiten von youtube und Videostreams überhaupt noch live? Wenn man sich alles, was live im Fernsehen geschieht, gleich darauf im Internet als Wiederholung ansehen kann. Oder wenn Konzertaufführungen in Ton und Bild zeitgleich online übertragen werden? Jan Rolf spricht von einem neuen, hybriden, medialen Bereich, in dem traditionelle Live-Formen, wie das Konzert, mit Aufzeichnungsmedien, wie Digitalkameras und Smartphones, und dem Internet als Raum für Übertragung und Reproduktion zusammenkommen.

Würdigung eines Visionärs

Nicht nur theoretisch umkreist man in den kommenden Tagen diesem Motiv, sondern auch praktisch: zahlreiche Performances und Konzerte finden an mehreren Orten in Berlin statt. Ein weiterer Schwerpunkt der transmediale 2011 ist dem weitsichtigen Medientheoretiker Marshall McLuhan gewidmet, der vor 100 Jahren geboren wurde. Er hatte bereits in den 1960er Jahren den Begriff des "global village" geprägt: er sagte voraus, dass die Welt - mithilfe elektronischer Vernetzung - zu einem Dorf zusammenwachsen wird.

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