Peter Weibel über Marshall McLuhan
Seiner Zeit voraus
Marshall McLuhan gilt als einer der Begründer der Medientheorie und hat die Wissenschaft von den 1960ern bis zu seinem Tod geprägt. Am 31. Dezember 2010 jährt sich sein Todestag zum 30. Mal.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 30.12.2010
Martina Bauer im Gespräch mit Peter Weibel
Peter Weibel ist Kunstschaffender, Medientheoretiker, Kurator. Man kennt ihn als Proponenten des Wiener Aktionismus, als ehemals künstlerischen Leiter der Ars Electronica sowie als Lehrenden in Österreich, Deutschland und den USA.
Auf Marshall McLuhan angesprochen meint er, Luhan sei "die zentrale Figur der Medientheorie, wie wir sie heute verstehen. Auch deswegen, weil er hat ja latente Ansätze der vorangehenden Jahrhunderte zusammengefasst und daraus seine Medientheorie gebündelt - und diese Medientheorie gilt bis heute".
Allerdings, so Weibel, hätte McLuhan heute einiges an Popularität und Bekanntheit eingebüßt: "Es ist oft so bei großen Theoretikern: Ihre Ideen und ihre Schlagwörter gehen in den Gebrauch ein, aber man vergisst den Urheber. Jeder spricht heute vom global village, aber keiner weiß, dass das von McLuhan kommt."
The medium is the message
Genauso wie mit dem Schlagwort vom "globalen Dorf" verhält es sich mit dem Begriff der Datenautobahn - Information highway. Das wanderte von Mcluhan über den Vater der Videokunst Nam June Paik bis in die US-Politik.
Die wahrscheinlich bekannteste und wichtigste These von Marshall McLuhan lautet: The medium is the message - Das Medium ist die Botschaft. Diese besagt, dass nicht der Inhalt allein, sondern bereits die bloße Anwesenheit eines Mediums die Welt verändert, wie eine Glühbirne durch ihr Erhellen neue Räume schafft.
"Jede neue Kommunikationstechnologie ändert die soziale Welt – von der Zeitung bis zum Internet", meint Peter Weibel.
Kultur aktuell, 30.12.2010
Das Erbe der Vorgänger
Technologie besaß für McLuhan keine Moral. Und er meinte außerdem, dass die dominanten Technologien eines Zeitalters die Zeitvertreibe des darauffolgenden sein würden. Hier stehen wir heute mit dem Internet.
"Die Clip-Kultur, die jetzt herrscht, sind das Erbe des Films, die Blogs sind das Erbe der Talkshows", meint Weibel. Alle Formate, die wir aus den vorigen Medien kennen – sei es Literatur, sei es Fernsehen – werden hier in veränderter, spielerischer Form für jeden Einzelnen zugänglich.
Im kommenden Jahr wird Peter Weibel am ZKM Marshall McLuhan eine Ausstellung widmen, darin soll das Wirken des Medientheoretikers in Form von Zeitungsartikeln, audiovisuellen und persönlichen Dokumenten gewürdigt werden.
Textfassung: Ruth Halle