Vorwurf der "Naivität"

Staatsanwälte gegen Justizministerin

Heftige Kritik übt der Präsident der Staatsanwälte-Vereinigung, Gerhard Jarosch, an Justizministerin Clauda Bandion-Ortner und ihrer Ankündigung, in Zukunft vermehrt sogenannte Weisungen an die Staatsanwaltschaften erteilen. Diese Vorgangsweise sei naiv und realitätsfern, so Jarosch.

Morgenjournal, 12.04.2011

"Naive" Annahmen

Besonders erzürnt wirkt Staatsanwälte-Vertreter Jarosch über die Weisung, dass bis zum Sommer entschieden sein soll, ob in Sachen BUWOG-Anklage erhoben wird oder nicht. "Das ist naiv zu glauben, wir setzen eine Deadline für das Ende eines Verfahrens. So einfach geht das glaube ich nicht."

Wöchentlich will die Ministerin nun einen Bericht des ermittelnden Staatsanwalts - auch in anderen brisanten Causen. "Und wann sollen wir dann arbeiten?", ätzt Staatsanwälte-Vertreter Jarosch. Auch die Weisung, dass ein Staatsanwalt zugunsten der BUWOG-Recherchen von anderen freigestellt werden soll, überzeugt Jarosch nicht: Denn auch kleinere Wirtschaftssachen müssten genau so weiter verfolgt werden.

Zu wenige Mitarbeiter

Und dann war da noch die Aussage von Ministerin Bandion-Ortner in Richtung Korruptions-Staatsanwaltschaft. Von deren Leiter erwarte sie sich Ergebnisse und nicht nur Interviews, sagte sie. Behördenchef Walter Geyer hatte sich ja öffentlich bitter über den Personalmangel in seinem Hause beschwert. Gerhard Jarosch über Bandions Kritik: "Die Korruptions-Staatsanwaltschaft gibt es jetzt seit zweieinviertel Jahren, ihr wurden 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versprochen, mit heutigem Stand hat sie 9,5. Ich glaube, jeder weitere Kommentar zu der Kritik der Ministerin an Walter Geyer erübrigt sich dadurch."

Gegen parteipolitische Bestellungen

Schluss dem derzeit gesetzlich vorgesehenen Weisungsrecht der jeweiligen Justizministerinnen bzw. des Ministers, verlangt Staatsanwälte-Vertreter Jarosch. Nach wie vor würden in Österreich Justizminister von einer Partei gestellt, sagt Jarosch, - und nimmt davon Bandion-Ortner nicht aus. Dies bewirke in den Öffentlichkeit den Anschein, dass Parteipolitik in die Justiz mit hineinregiert. Und Jarosch wiederholt seine Forderung: Weg mit dem Weisungsrecht von der Ministerin, hin zu einem unabhängigen Obersten Staatsanwalt. Er fügt weiters hinzu: Über die Aufstiegschancen von Richter und Staatsanwälten sollte nicht mehr die Ministerin, der Minister entscheiden, sondern ein unabhängiges Gremium, in dem kein Politiker sitzt.