Der bestbezahlte Schauspieler Frankreichs

Porträt Dany Boon

Mit dem Film "Willkommen bei den Sch'tis", einer Komödie über Vorurteile zwischen Süd- und Nord-Franzosen, ist Dany Boon auch international der Durchbruch gelungen. Auch sein neuester Film, "Nichts zu verzollen", handelt von der traditionellen Rivalität zwischen Franzosen und Belgiern. Wie in den "Sch'tis" spielt Dany Boon eine Hauptrolle, er führt Regie und hat auch das Drehbuch geschrieben.

Kulturjournal, 19.07.2011

Heute ist Dany Boon der bestbezahlte Schauspieler Frankreichs. Dabei schien nichts auf diese brillante Karriere hinzuweisen: Sein aus der algerischen Kabylei stammender Vater war Boxer, bevor er LKW-Chauffeur wurde, seine Mutter stammt aus der Picardie, dieser Region Nordfrankreichs nahe der belgischen Grenze, wo Dany Boon aufgewachsen ist, und die er immer wieder in seinen Filmen oder auch One-Man-Shows thematisiert - so auch in seinem Soloprogramm "Vacances dans le Nord - Pas de Calais" - also Ferien in der Region Nord, Pas de Calais.

Eine flache, nicht besonders reizvolle Gegend ist das, in der es viel regnet, und auch das Meer, der Ärmelkanal, nicht unbedingt zum Baden einlädt. Eingangs beschwört er die Zuschauer seiner Region, zu helfen und fragt, ob Chtimis, also Bewohner dieser Region, im Saal sind ... natürlich auf den billigsten Plätzen! Es gibt auch welche in der 1. Reihe! "Helft uns", wendet er sich an diese, "macht nächsten Sommer dort Urlaub, im Juli und August ist dort niemand, ... sogar wir sind weg!"

Als Loser in One-Man-Shows

In seinen One-Man-Shows spielt Dany Boon immer wieder verschiedene Typen, die von ihren Missgeschicken erzählen. In dem Sketch "K-Way" geht es um die Schwierigkeiten, einen dünnen, vorne geschlossenen Anorak anzuziehen; in einem andern versucht ein Depressiver mit Autosuggestion diese Depressionen zu überwinden.

In der Regel sind es also Verlierer - wobei Dany Boon auch in seinen Filmrollen immer wieder eher nette, mehr oder weniger naive Typen spielt, immer sympathisch, wie zuletzt in "Nichts zu verzollen". In diesem Fall sei seine Figur nett, aber feige, und anstatt sich den Dingen zu stellen, versucht er sich herumzuschwindeln, was ihm dann auch zum Verhängnis wird, sagt Dany Boon.

Jedenfalls werden diese Art von Figuren von ihm erwartet, das gilt ja auch für Filme, in denen er nur als Schauspieler tätig war, wie "Micmacs" oder am Theater "Dîner des cons" (auf Deutsch originellerweise: Dinner für Spinner), ein später verfilmtes Stück, in dem eine Gruppe von Freunden regelmäßig jemand vermeintlich besonders Dummen von der Straße einlädt, um sich dann bei einem Essen über ihn lustig zu machen. Nur gibt es da natürlich manchmal Überraschungen.

Ob er sich vorstellen könnte, einmal einen Bösen zu spielen? Warum nicht, meint Dany Boon, allerdings müsse das Drehbuch gut sein. Aber er bringe eben gerne die Leute zum Lachen.

Mit bürgerlichem Namen heißt Dany Boon übrigens Daniel Hamidou, ein Name, mit dem man in Frankreich nicht Karriere machen könne, wie Präsident Sarkozy taktvoll bei der Ordensvergabe der Ehrenlegion an Dany Boon bemerkt hat.

Begonnen hat er auf der Straße, als Pantomime, und auf Kleinbühnen. 1993 erhält er bei einer Fernsehshow eine Chance, die er nützt. Seitdem geht seine Karriere steil bergauf, am Theater, im Fernsehen und im Film.

Wie schon in "Willkommen bei den Sch'tis" hat Dany Boon auch jetzt, bei "Nichts zu verzollen" alle Zügel in der Hand: als Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller. Ob es nicht schwer sei, Regie in einem Film zu führen, in dem man die Hauptrolle spielt?

"Was dabei hilft, ist, dass ich zwei, drei Jahre an dem Drehbuch arbeite, ich kenne die Figuren in- und auswendig, ich kenne alle Dialoge auswendig, und so habe ich diesen notwendigen Abstand, den ich nicht habe, wenn ich nur Schauspieler bin. Da lese ich das Drehbuch natürlich auch mehrere Male, aber ich habe da nicht die lange Vorbereitungsarbeit an der Geschichte, was ich wiederum habe, wenn ich schreibe!"

Karikatur des Rassismus

Das Thema des Anderen, des Fremden, bis zum Rassismus im neuen Film, beschäftigt Dany Boon seit langem, weil er ein Mischling ist: "Mein Vater kommt aus der Kabylei, meine Mutter ist Französin. Ich bin also ein Mischling, was man allerdings nicht sieht: Ich habe blaue Augen und helle Haare - vor allem als Jugendlicher war ich sehr blond. Ich sehe also wie ein typischer Franzose aus, obwohl ich ein Mischling bin!"

In der Nähe der belgisch-französischen Grenze geboren, hat er ab und zu Phänomene von anti-französischem Rassismus erlebt, erzählt Dany Boon. Das ist nicht sehr oft passiert, aber da gab es zum Beispiel Lokale, an denen stand: "Für Hunde und Franzosen verboten!"

In "Nichts zu verzollen" hat er sehr weit gehen können, in der Karikatur des Rassisten: "Es ist eine Komödie geblieben, eben weil es keine Unterschiede zischen Belgiern und Franzosen gibt: Wir sprechen dieselbe Sprache, wir haben die selbe Hautfarbe und Religion, und so konnte ich im Delirium von Benoît sehr weit gehen." Das wäre bei Afrikanern oder Juden nicht möglich gewesen. ""Das wäre ein Drama gewesen!"

Und auch wenn es um Politik in der Realität geht, wird Dany Boon ernst: So hat er sich mehrmals vehement gegen die rechtsextreme Front National von Marine Le Pen gewendet, die gerade in seiner Region ziemlich erfolgreich ist.

"Starke Schultern" gegen Misserfolg

Apropos Erfolg: Allein in Frankreich haben über 20 Mio. Menschen "Willkommen bei den Sch'tis" gesehen - das ist jeder dritte Franzose -, es ist damit der größte Erfolg der französischen Filmgeschichte. Und auch "Nichts zu verzollen" läuft hervorragend. Ob er da nicht Lampenfieber habe, wenn er an solchen Erfolgsdaten gemessen wird?

"Eigentlich nicht", sagt Boon. "Ich hoffe, genügend starke Schultern zu haben, um einen Misserfolg auffangen zu können, das gehört zum Beruf des Künstlers dazu. Die meisten der größten Filmemacher haben alle ein bis zwei Misserfolge in ihrer Karriere gehabt. Das wird mir sicher auch passieren, und ich kann nur hoffen, damit möglichst intelligent umzugehen. Das hat etwas mit dem Menschsein zu tun, man wird durch Misserfolge menschlicher!"

Textfassung: Ruth Halle

service

Dany Boon