Siemens zieht Anlagen zurück

Frontradar gescheitert

Neu ist, wie Autofahrer geblitzt werden: von vorn statt von hinten, damit nicht nur das Autokennzeichen, sondern auch das Gesicht des Fahrers abgelichtet wird. Vor zwei Jahren hat die ASFINAG begonnen, das Radarsystem umzustellen. Jetzt aber zieht der Hersteller Siemens seine Anlagen zurück.

Morgenjournal, 8.9.2011

Bernt Koschuh

Deutsche Raser zur Kasse bitten

Die Probleme mit den Radaranlagen sind aus Sicht des ÖAMTC teuer und gehen auch auf Kosten der Verkehrssicherheit und der Gerechtigkeit. Denn Temposünder sollten bestraft werden - auch wenn sie aus Deutschland stammen.

Doch wegen der Rechtslage dort können deutsche Lenker oft nur zur Kasse gebeten werden, wenn die Radaranlage sowohl die Nummerntafel fotografiert als auch den Fahrer am Steuer. Daher hat die ASFINAG vor etwa zwei Jahren Radaranlagen mit sogenannter Frontfotografie bestellt - bei Siemens Österreich.

Siemens zieht Geräte zurück

Die Entwickler hatten dann jahrelang mit Kinderkrankheiten des Systems zu kämpfen. Jetzt funktioniert es zwar, ist aber offenbar in Wartung und Betrieb so aufwändig, dass Siemens seine sieben Geräte wieder zurückzieht.

Für die ASFINAG sei das aber kostenneutral, beteuert Bernd Datler, Geschäftsführer der ASFINAG-Maut-Service-GesmbH. ÖAMTC-Experte Willy Matzke sieht dennoch einen finanziellen Schaden:
"Nicht eingehobene Strafgelder sind ein Schaden, da geht es sicher um Millionen."

Kritik an der Vergabe

Und Matzke kritisiert, die ASFINAG hätte sich schon 2009 für den in der Frontfotografie erfahrenen deutschen Radaranlagen-Hersteller Jenoptic entscheiden müssen. Dann hätten die Geräte erstens früher funktioniert, und zweitens müsste jetzt nicht umgerüstet werden.

"Und jeder hätte gewusst: Österreich macht sich nicht zur Lachnummer", sagte Matzke.

Experte: "Rätselhaft"

Warum sich Siemens bei der ursprünglichen Ausschreibung durchgesetzt habe, ist für den ÖAMTC-Experten und ehemaligen Aufsichtsrat einer ASFINAG-Tochter rätselhaft.

"Ich kann mir viele Dinge mit österreichischen Ausschreibungen überhaupt nicht erklären, weiß auch die Details dazu nicht", gesteht Matzke.

ASFINAG: "Vollkommen korrekt"

Laut ASFINAG-Geschäftsführer Datler lief die
Ausschreibung aber vollkommen korrekt und ohne Nebenabsprachen. Siemens sei einfach billiger gewesen. Und der deutsche Hersteller Jenoptic auch gar nicht um so viel erfahrener. Denn in Deutschland fotografieren die Jenoptic Geräte laut Datler die Fahrzeuge nur von vorne, in Österreich hingegen von vorne und von hinten, um auch die Nummerntafeln von Motorrädern zu erwischen.

Umstellung bis Jahresende

Doch nach dem Siemens-Rückzug kommt jetzt Jenoptic zum Zug. Die Deutschen waren bei einer zweiten Ausschreibung Best- und Billigstbieter. Sie betreiben schon zwei Geräte an österreichischen Autobahnen und ersetzen nun sieben Siemens-Geräte.

Diese Umstellung werde pro Standort nur wenige Tage dauern, beteuert die ASFINAG. Zu Jahresende soll wieder überall von vorne und von hinten geblitzt werden.