Bis die Schlussglocke läutet!

"Margin Call" - Der Film zur Finanzkrise

Die Finanzkrise, die seit 2008 die weltweiten Finanzmärkte in Atem hält, hat nun auch ihren Wiederhall im Kino gefunden. "Margin Call - der große Crash" heißt der Film, der hinter die Kulissen dubioser Wertpapiergeschäfte an der Wall Street blickt.

Kultur aktuell, 06.12.2011

Wer in der letzten Zeit den Eindruck hatte, die sogenannten Finanzmärkte wären abstrakte und nebulose Gebilde, denen man als einzelner nur wehrlos gegenüberstehen kann, also schlicht der unerklärbare, aber umso mehr an die Wand gemalte Teufel des Kapitalismus, wer also diesen Eindruck hatte, der bekommt vielleicht mit dem Film "Margin Call" erhellende Erkenntnisse.

Regisseur J.C. Chandor steigt ins Innenleben eines Hauptakteurs, einer New Yorker Investmentgesellschaft ein, die durch allzu gefinkelte Finanzakrobatik in Schwierigkeiten gerät.

Zynische Trader

Die Risikobewertung eines Finanzprodukts wurde falsch eingeschätzt, enorme Verluste drohen, der Vorteil: bis die anderen Marktteilnehmer dies erkennen, bleibt noch etwas Zeit, die bares Geld ist, ein paar Stunden, in denen man das Produkt noch verkaufen und die Firma retten kann.

Die Charaktere entsprechen einerseits dem Klischee, also skrupellose und zynische Trader, schnelle Autos, teure Barbesuche, auch sonst luxuriöse Hobbys, andererseits zeigt J.C. Chandor aber auch Banker, die noch Restbestände von sozialem Gewissen haben.

"Der Film ist letztlich eine Studie der menschlichen Natur unter akuter Stressbelastung", meint der Regisseur.

Verwinkeltes System

Chandor verzichtet weitgehend auf Schwarz-Weiss-Polemiken, auf moralische Anklagen, der Grundton bleibt stets sachlich, vielmehr zeigt er alltägliche sich per se entblößende Geschäftsvorgänge und macht damit eine fatale Paradoxie transparent: Banker haben ein derart verwinkeltes System konstruiert, von dem einerseits jeder profitiert, solange er nur mitmacht, dem man dann aber andererseits auch immer mehr ausgeliefert ist. Wertpapierhändler bekommen etwa einen Sonderbonus, wenn sie wertlose Papiere verkaufen, eine vorsätzliche Täuschung, mit der diese Händler den Markt und letztlich ihre eigenen Jobs ruinieren.

Kein Anlass für Dämonisierung

Der Finanzhai beginnt zwar am Kopf zu stinken, verfaulen tut hier aber vor allem der Rest. Die Märkte bekommen in "Margin Call - Der große Crash" jedenfalls eine konkrete Gestalt, Namen und Gesichter. Für eine vage Dämonisierung des vermeintlich Bösen besteht also kein Anlass. Es sind normale Menschen, die nur allzu menschlich handeln. Weil man sie lässt, bis ihnen selbst die Schlussglocke läutet.

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