Belo Monte-Staudamm: Kritik an Andritz

Eine Woche vor Beginn des Weltumweltgipfels "Rio+20" in Rio de Janeiro erneuern die Grünen und die Umweltschutzorganisation Greenpeace ihre Kritik am österreichischen Anlagenbauer Andritz. Andritz ist nämlich in Brasilien federführend am Bau des umstrittenen Staudamms in Belo Monte beteiligt.

Mittagsjournal, 14.6.2012

"Andritz mitschuld an einem Umweltverbrechen"

Der Staudamm in Belo Monte im Amazonasbecken soll bis 2015 fertig sein und der drittgrößte Staudamm der Welt werden. Der steirische Anlagenbauer Andritz AG ist für die technische Ausstattung des Projekts zuständig. Im Zuge des Baus wird eine Fläche von rund 500 Quadratkilometern geflutet, 16.000 Menschen werden umgesiedelt.

Umweltschützer und Aktivisten protestieren seit Jahren gegen den Staudamm, der die Natur aus ihrer Sicht großflächig zerstört und der indigenen Bevölkerung die Lebensgrundlage raubt. Andritz mache sich an einem Umweltverbrechen mitschuldig, sagt Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace Österreich.

Österreich müsse den Ausstieg fordern

Für Egit wären mehrere kleine energieeffiziente Kraftwerksprojekte sinnvoller als ein gigantischer Bau, der die Umwelt massiv schädige. Egit kritisiert, dass Österreich, vertreten durch Umweltminister Nikolaus Berlakovich und Staatssekretär Wolfgang Waldner, zum Umweltgipfel nach Rio de Janeiro fahre, ohne sich von Andritz und Belo Monte zu distanzieren und ohne einen Projektausstieg von Andritz zu fordern.

Egit ist der Meinung, es sei eine Schande, dass die österreichische Regierung nach Rio fährt, ohne die Andritz AG aufgefordert zu haben, aus einem derartigen Projekt auszutreten. Es sei außerdem eine Frage der Glaubwürdigkeit und des Rückgrats, das man hier haben müsse.

Andritz: "Brasilien muss entscheiden"

Andritz selbst will an Belo Monte festhalten, das Auftragsvolumen liegt bei 330 Millionen Euro. Andritz argumentiert damit, es sei Sache Brasiliens zu entscheiden, wie sich das Land entwickeln will, und in Brasilien gebe es einen breiten Konsens, dass das Projekt gebaut werden soll.

Eine Argumentation, die Grünen-Chefin Eva Glawischnig zurückweist: "Ich denke, solche Standards sollte man als österreichisches Unternehmen schon einmal anlegen. Wenn ein Projekt in Europa keinesfalls genehmigungsfähig wäre, sowohl von ethischen, menschenrechtlichen und Umweltgesichtspunkten aus, dann darf es auch in keinem anderen Land von einer österreichischen Firma gebaut werden."

Kontrollbank soll Absicherung aufheben

Glawischnig strebt nun Sanktionen gegen Andritz an. Mit parlamentarischen Anträgen soll etwa erreicht werden, dass die Österreichische Kontrollbank keine Auslandsgeschäfte von Andritz mehr absichert, solange das Unternehmen nicht aus dem Belo Monte-Projekt aussteigt.

Es sei das gemeinsame Anliegen von Grünen und Umweltorganisationen, einem österreichischen Unternehmen in aller Deutlichkeit zu signalisieren, dass diese "Wir bauen alles"-Mentalität, egal ob Umwelt- und Menschenrechte verletzt werden, nicht mehr durchgehe.

Andritz steht auch wegen eines anderen umstrittenen Staudammprojekts in Ilisu in der Türkei bei Umweltschützern in der Kritik.

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