Bartenstein verlässt die Politik

Martin Bartenstein sagt der Politik Ade. Der langjährige ÖVP-Minister und Schüssel-Gefolgsmann saß die letzten vier Jahre für die Volkspartei noch im Parlament – und will nun bei der Wahl kommendes Jahr nicht mehr antreten. Bartenstein will sich künftig ausschließlich um seine expandierende Pharmafirma kümmern.

Mittagsjournal, 13.11.2012

Weder Wehmut noch Erleichterung

Als Grenzgänger zwischen zwei Welten hat ihn sein Biograf vor zwei Jahren beschrieben. Eine Welt lässt der bald "Nur-mehr-Pharmaunternehmer" Bartenstein nächstes Jahr gänzlich hinter sich: "Das ist eine recht rationale Entscheidung, da ist nicht besonders viel Wehmut dabei, Erleichterung aber auch nicht. Mir geht's heute um nichts besser oder weniger gut als vor einer Woche", sagt Bartenstein heute am Rande der laufenden Parlamentssitzung.

EU-Höhepunkte

Der Steirer war 1991 bis 1994 Abgeordneter, anschließend kurz Staatssekretär und dann von 1995 bis 2008 Minister für Umwelt, Familien und Wirtschaft. Bartenstein war, wie man gemeinhin sagt, ein Architekt von Schwarz-Blau. Gut mit Jörg Haider, stets bestes Einvernehmen mit Wolfgang Schüssel, war Bartensteins Verhältnis zu nachfolgenden ÖVP-Chefs nicht unbedingt das engste. Was war seine politische Meisterleistung? Jedenfalls der Höhepunkt seiner politischen Tätigkeit sei die EU-Präsidentschaft und die EU-Dienstleistungsrichtlinie gewesen, die noch immer als eines der legistischen Großprojekte der EU gelte.

Bekleidungstechnische Pannen

Bilder von Bartenstein, die man nie vergisst: der damalige Wirtschaftsminister in landestypischer üppiger Tracht - bei einem Staatsbesuch in Kasachstan. Legendär wie auch diese Schuhgeschichte, die Bartenstein selbst heute als seine größte Panne zum Besten gibt: "Ich habe auf eine Petitesse, wie man das jetzt in deutschen Talkshows nennen würde, völlig falsch reagiert, nämlich dass ich bei einem Schuhkauf in einem Wiener Schuhgeschäft um einen Rabatt höflich gebeten habe, den ich in Graz im Rahmen dieser Kette sonst auch bekommen habe. Das ist dann völlig verfälscht aufgeblasen worden mit 'brüllender Minister und eingeschüchterte Verkäuferin'. Und ich wollte da durchtauchen und das war falsch."

Distanz zu aktueller Regierung

Das Wirken der aktuellen Regierung begleitete Bartenstein, aktuell Verkehrssprecher seiner Partei, interessiert-distanziert. Er lobt zum Beispiel die Regierungsklausur und deren Ergebnis. Ein Freund von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) war Bartenstein freilich nie und wird es vermutlich auch nimmer. Der ist ihm zu eng mit dem Boulevard.