Grüne: Abschiebestopp für Tschetschenen

Die Grünen fordern einen sofortigen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Tschetschenien. Grund dafür sind zwei Verhaftungen von Männern, die aus Österreich nach Moskau abgeschoben wurden. Von ihnen fehlt bisher jede Spur, auch ihre Familien wissen nicht, wo sie hingebracht wurden.

Mittagsjournal, 13.12.2012

"Grob fahrlässig"

Die österreichischen Asylbehörden betrieben Realitätsverweigerung, kritisiert die grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Menschen aus Tschetschenien werde grundsätzlich nicht geglaubt, und der Asylgerichtshof spreche mit den Asylwerbern in der Regel nicht einmal persönlich. Das müsse sich ändern: "Umso mehr, wenn die erste Instanz gesagt hat, sie seien nicht glaubwürdig. Hier ist es grob fahrlässig, allein aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, ohne sich als Kontrollinstanz persönlich ein Bild gemacht zu haben."

Angst von Nacht zu Nacht

Im Fall des einen abgeschobenen Mannes habe sich die Frau mit den beiden minderjährigen Kindern aus Moskau nach Tschetschenien durchgeschlagen, berichtet deren Rechtsvertreter Tim Außerhuber. Die drei hätten keine Bleibe und kein Geld, sagt er: Die Familie werde nun von der Polizei in Tschetschenien bedrängt, wo der Mann sei. "Und die Familie fürchtet sich von Tag zu Tag und Nacht zu Nacht."

Massive Kritik an den österreichischen Behörden kommt auch von der ehemaligen ORF-Russland-Korrespondentin Susanne Scholl. Dass Österreich Tschetschenien als Rechtsstaat betrachte, sei ein verhängnisvoller Irrtum und ein völlig falsches Bild: "Das beruht auf Aussagen des offiziellen Russland oder irgendwelcher Österreicher, die auf drei Tage hinfahren, sich durchfüttern lassen und es wunderschön finden. Das ist nicht so. Tschetschenien ist kein Rechtsstaat."

Nicht die geringste Überlebenschance

Dennoch stünden in Österreich weitere Familien vor der Abschiebung, kritisiert Susanne Scholl: eine Frau, deren Mann schon seit 2003 verschwunden ist, mit einer Tochter und einem zwölfjährigen Sohn. Scholl: "In Tschetschenien gelten zwölfjährige Söhne absolut als haftbar für alles, was die Väter oder Eltern angestellt haben könnten. Auch dieser Familie wird nicht geglaubt, und auch diese Familie soll abgeschoben werden." Und die drei, sagt Susanne Scholl, hätten in Tschetschenien nicht die geringste Überlebenschance.

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