Michael Landau: beharrlich und unangenehm

Kein Sparpaket auf dem Rücken der Schwächsten - das hat der neue Caritas-Präsident Michael Landau gestern bei seiner Amtseinführung den anwesenden Politikern ausgerichtet. Michael Landau übernimmt von seinem Vorgänger Franz Küberl einen Sozialkonzern mit 13.000 angestellten und 35.000 freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - mit einem Spendenaufkommen von 55 Millionen Euro.

Caritas-Präsident Michael Landau "Im Journal zu Gast" bei Barbara Gansfuss

Michael Landau

(c) Schlager, APA

"Familienleistungen erhöhen"

"Armutvermeidung, Armutsbekämpfung, Mut, Visionen" sind für den neuen Caritas-Präsidenten Michael Landau die wesentlichen Aufgaben und Stichworte für eine neue österreichische Bundesregierung. Der Druck auf die Menschen an der Rändern steigt, sagt Michael Landau, das sieht er in den diversen Sozialeinrichtungen. Es werde für immer mehr Menschen zunehmend schwieriger, den Alltag aus eigener Kraft zu bewältigen. Kinderreiche, einkommensschwache Familien und Alleinerzieherinnen gehören zu jenen Gruppen, die am meisten armutsgefährdet sind. Deshalb fordert Landau von der Regierung, dass die Familienleistungen valorisiert werden. Landau denkt dabei auch an das Mietrecht, die bedarforientierte Mindestsicherung bis zur Bildung: "Wie können wir möglichst jedes Kind auf die Bildungsreise mitnehmen, damit kein Talent, keine Begabung verloren geht."

"Blickkontakt zur Not verloren"

1 Million Menschen in Österreich ist arm oder akut armutsgefährdet. Landau kommt vor, als hätte die Regierung einbisschen "den Blickkontakt zu Not" verloren. Er wünscht sich, dass die verantwortlichen Politiker auch einmal soziale Einrichtungen besuchen und sich selbst ein Bild machen, "und sich dann die Frage zu stellen, ob es wirklich fair ist, eine Neiddebatte auf dem Rücken der Schwächsten zu schüren. Wer von sozialen Hängematten redet, etwa im Kotext: Grundsicherung, hat von der Wirklichkeit der Betroffenen keine Ahnung."

Pflegefinanzierung muss neu geregelt werden

Das Thema Pflege ist für Landau einer der großen künftigen Herausforderungen. "Wir brauchen österreichweit einheitliche Qualitäts-, Versorgungs- und Finanzierungsstandards. Eine gemeinsame Steuerung, ein Nachdenken über das Jahr 2016 hinaus, bis dahin läuft der Pflegefonds." Heute gebe es eine unorganisierte Erbschaftssteuer in der Pflege. Wenn jemand lange pflegebedürftig ist, dann wird das gesamte Erbe verbraucht. "Die Pflege folgt heute der Sozialhilfelogik. Das heißt: Man muss zuerst ein Sozialfall werden und erhält dann Unterstützung. Es braucht einen Systemwechsel hinaus aus der Sozialhilfelogik und hinein in eine solidarische Finanzierung. Ein Stück könnte anstelle einer unorganisierten, unsolidarischen Erbschaftssteuer eine sinnvoll reformierte Erbschaftssteuer sein." Dem kommenden Finanzminister, der kommenden Finanzministerin, will Landau keine Vorschläge machen.

"Flucht ist kein Verbrechen"

Zum jüngsten Flüchtlingsprotest, in dessen Zusammenhang ja auch die Caritas kritisiert wurde, sagt Landau, dass der Flüchtlingsprotest nicht nur viele Menschen sondern auch ihn irritiert habe. Es sei das erste Mal in Österreich gewesen, dass Menschen auf der Flucht auf ihre Anliegen und Nöte hingewiesen hätten. "Sie haben den Finger in Wunden gelegt, die uns schon seit Jahren beschäftigen, wenn es etwa in der Frage der Qualität in der Grundversorgung geht, wenn es um das Thema faire, qualitätsvolle Asylverfahren geht oder auch wenn es darum geht, nach 6 Monaten arbeiten zu dürfen." "Flucht ist kein Verbrechen und jeder/jede hat ein Recht auf ein faires Verfahren." Und: "Es darf keine 2. Saualm geben."

"Beharrlich und unbequem"

In der Kirche sieht Landau seit dem Amtsantritt des neuen Papstes einen frischen Wind wehen. Leben und Glauben seien weiter zusammengerückt, sagt Landau. Helmut Schüller, Initiator der Pfarrerinitiative, hält Landau für einen "hervorragenden" Kandidaten für ein Bischofsamt.

Landau will die Linie seiner Vorgänger Franz Küberl und Leopold Ungar fortführen und weiterhin beharrlich und unbequem sein. "Christus hat die Kirche nicht zum Ja-Sagen gestiftet, sondern als Zeichen des Widerspruchs. Der Linie von Leopold Ungar werden wir sicher treu bleiben."