Belgien: Sterbehilfe auch für Minderjährige

Das Recht auf Sterbehilfe für Kinder steht heute im belgischen Parlament zur Abstimmung. Todkranke Kinder sollen das Recht bekommen, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Diesem Wunsch müssen Eltern und Mediziner zustimmen. Der Abstimmung ging eine emotionale Debatte voran. Belgien wäre das erste Land Europas, in dem Sterbehilfe für Kinder unter zwölf Jahre erlaubt wäre.

Morgenjournal, 13.2.2014

Für und Wider

Erwachsene dürfen seit 12 Jahren selbst über ihren Tod entscheiden - nun soll in Belgien auch Minderjährigen dieses Recht eingeräumt werden. Wenige Stunden vor der entsprechenden Abstimmung im belgischen Parlament fahren Gegner und Befürworter der Euthanasie für Kinder ihre Geschütze hoch. Daniel Bacquelaine vom liberalen Mouvement Reformateur:

"Es geht nicht um die Frage ob ein Kind sterben wird oder nicht. Der Tod steht unmittelbar bevor, das Drama ist bereits eingetreten. Die Entscheidung für Sterbehilfe darf nur dann getroffen werden, wenn das Kind unendlich leidet und die Eltern einverstanden sind. Es ist ein Akt der Menschlichkeit, wenn man dem Wunsch des Kindes entspricht".

Die Kinderärzte sind in dieser Frage gespalten - eine Initiative von belgischen Medizinern hatte sich für die Möglichkeit der Euthanasie für Kinder ausgesprochen. Vor wenigen Tagen hat sich eine Gegeninitiative zu Wort gemeldet. Stephan van Gool, Kinderarzt aus Leuven, bezweifelt die Urteilsfähigkeit von Kindern in dieser sensiblen Frage:

"Es gibt kein objektives Messinstrument um den Willen von Minderjährigen festzustellen, Man kann ihn nur durch Beobachtungen und Gespräche herausfinden".

Auch die katholische Kirche in Belgien macht mobil gegen die Entscheidung, die Sterbehilfe für Minderjährige zu ermöglichen. Tommy Sholtes, der Sprecher der Belgischen Bischofskonferenz verlangt eine breitere Debatte:

"Christen und Mediziner sollten dieses Thema weiter diskutieren. Die Kirche mischt sich nicht in die Entscheidung des Parlaments einmischen. Aber die Bürger sollen ihre Meinung dazu ausdrücken dürfen".

Gesetz auf dem Weg

Die ersten Schritte hat das Parlament jedoch schon gesetzt - in den vorangegangenen Ausschüssen haben die Abgeordneten für die Möglichkeit der Sterbehilfe für Minderjährige gestimmt. Jacqueline Herremans von der Vereinigung für das Recht in Würde zu sterben ruft zu einer Versachlichung der Debatte auf.
"Dieses Gesetz zwingt niemanden zu etwas - Menschen, die nicht nach Sterbehilfe verlangen sind von der Regelung gar nicht betroffen".

Die Befürworter der Sterbehilfe für Minderjährige unter den belgischen Abgeordneten gehen von 5 Fällen pro Jahr aus. Deutlich mehr Erwachsene nutzen die Möglichkeit der Euthanasie. Die letzte offizielle Statistik aus dem Jahr 2012 verzeichnete 1.432 Fälle von Sterbehilfe in Belgien. Auch Menschen, die nicht todkrank waren, haben um Sterbehilfe gebeten. Für Schlagzeilen sorgte ein Patient, der sterben wollte, nachdem seine Geschlechtsumwandlung nicht geglückt war und der seinen Wunsch mit daraus resultierenden unerträglichen psychischen Belastungen argumentiert hatte.

Belgien wäre nach den Niederlanden das zweite EU-Land, das auch Kindern und Jugendlichen das Recht auf aktive Sterbehilfe - also das Töten auf Verlangen - gäbe. Allerdings beschränkt das Nachbarland Niederlande dieses Recht auf Jugendliche über zwölf Jahre, während Belgien keine Altersgrenze plant.

Übersicht

  • Ethik