Mindestsicherung: Länder wehren sich

Volksanwaltschaft und Armutskonferenz haben heftige Kritik am Vollzug der bedarfsorientierten Mindestsicherung geübt, jener Leistung, die vor dreieinhalb Jahren die Sozialhilfe abgelöst hat. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sieht die Länder in der Pflicht. Die wehren sich aber gegen die Vorwürfe.

Morgenjournal, 26.2.2014

70 Fälle in Steiermark

Wer einen Verwandten in der Steiermark hat, der die bedarfsorientierte Mindestsicherung bezieht, muss damit rechnen, dass er einen Teil dieser Leistung zurückzahlen muss. Denn in Steiermark gibt es den Angehörigen-Regress nicht nur in der Pflege, sondern auch bei der Mindestsicherung. Aus dem Büro des steirischen Soziallandesrates Siegfried Schrittwieser (SPÖ) heißt es, die steiermark-weit 70 Mindestsicherungs-Regressfälle seien eine vernachlässigbare Größe. In der Steiermark stehe und falle der Angehörigenregress in der Mindestsicherung mit dem Pflegeregress. Und der ist in der steirischen Landesregierung unbestritten.

Kärnten plant "Reparatur"

Anders als in der Steiermark überlegt man in Kärnten sehr wohl den Angehörigen-Regress abzuschaffen. Es handle sich um eine Baustelle der Vorgängerregierung, wie die zuständige Landesrätin Beate Prettner von SPÖ in einer Stellungnahme betont. Die Regress-Regelung stelle eine Hemmschwelle dar und müsse repariert werden. Es sei eine umfassende Novelle der Kärntner Mindestsicherung geplant.

Aufforderung zur Klage gegen Angehörige?

Laut der Kritik der Armutskonferenz bitten auch die Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Tirol Eltern und volljährige Kinder von Mindestsicherungsbeziehern zu Kasse. Demnach fordern die Sozialämter die Antragssteller auf, ihre Verwandten auf Unterhalt zu klagen.
Zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gebe es in Salzburg keine Unterhaltspflicht, deshalb lasse er den Vorwurf nicht gelten, sagt der Salzburger Soziallandesrat Heinrich Schellhorn von den Grünen: "Nur wenn Unterhaltansprüche bestehen, zum Beispiel wegen eines Scheidungsurteils, dann müssen die natürlich geltend gemacht werden. Aber sonst gibt es da keinen Druck vonseiten der Sozialämter auf Hilfesuchende."

NÖ: Klage "nicht sofort"

Auch die niederösterreichische Soziallandesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) verwehrt sich dagegen, dass die Sozialämter mit System zu Unterhaltsklagen auffordern: "Es wird nicht sofort jedem eine Unterhaltspflicht oder ein Unterhaltsanspruch unterstellt. Sondern man versucht das herauszufinden im Gespräch. Und wenn das der Fall ist, dann muss eingeklagt werden."

OÖ prüft

Aus Oberösterreich heißt es, das Personal sei sehr gut geschult. Landesrätin Gertraud Jahn (SPÖ) versichert aber, die Vorwürfe nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. "Ich werde alles dafür tun, dass die Personen, die hier Rechte haben, auch zu diesem Recht kommen. Und ich werde mir das jetzt auch auf Basis dieser Vorwürfe anschauen. Aber dazu bräuchte ich auch für Oberösterreich, dass die entsprechenden Fälle vorgelegt werden." Noch für heuer sei in Oberösterreich eine Fachaufsichtsprüfung der Abteilung für Soziales geplant. Dabei werde auch die Umsetzung der Mindestsicherung evaluiert.