Klage gegen Atommächte macht Druck
Diese Woche haben die Marshall-Inseln, auf denen früher einmal US-Atomtests stattgefunden haben, alle Atomwaffenstaaten vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag geklagt, weil sie ihren Abrüstungsverpflichtungen nicht nachkommen. Die Klage hat aber eher symbolischen Wert, wie Rechtsexperten analysieren.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 26.4.2014
Neun Staaten geklagt
Nächste Woche beginnen in New York die Vorbereitungen für die Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag. Diese Überprüfungskonferenzen finden alle fünf Jahre statt, die Ergebnisse sind seit Jahrzehnten mangelhaft. Echte Abrüstung ist bei den Atomwaffen nicht in Sicht, eine Begrenzung der Anzahl wurde in der Vergangenheit bereits als großer Erfolg gewertet. Nun sind es neun Staaten, die von den Marshall-Inseln vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verklagt worden sind. Die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, denen auch der Atomwaffensperrvertrag zunächst einmal Atomwaffen zugesteht. Und Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel, die sich diese Waffen trotz des Sperrvertrages beschafft haben.
Frage der Zuständigkeit
Für sechs dieser Staaten wird es ein Leichtes sein, die Klage vom Tisch zu wischen. Sie erkennen die Zuständigkeit des Internationalen Gerichthofes nur von Fall zu Fall an, können sich also der Klage leicht entziehen, wie auch der Völkerrechtsexperte Stefan Wittich bestätigt. Denn der Grundsatz des Internationalen Gerichtshofes sei das Konsensualprinzip, dass er nur dann zuständig ist, wenn alle Streitparteien seine Zuständigkeit anerkannt haben.
Großbritannien, Indien und Pakistan hingegen haben sich - mit bestimmten Vorbehalten - der Rechtsprechung ganz unterworfen. Was aber nicht heißt, dass diese drei Klagen automatisch verhandelt werden. Denn mit einem Urteilsspruch des Gerichtshofes wären Konsequenzen verbunden, wie Wittich am Beispiel Großbritannien erläutert: "Sollte der Gerichtshof bei Großbritannien eine Völkerrechtsverletzung feststellen, kann dieses Urteil gart nicht aussprechen, weil er damit indirekt auch die anderen Staaten verurteilt, die sich genau gleich verhalten haben, den Gerichtshof aber nicht anerkennen."
Politische Erklärung möglich
Die 15 Richter haben auch schon in der Vergangenheit mit dem Thema Atomwaffen und Abrüstung zu tun gehabt. In einem Gutachten aus dem Jahr 1996 über die Zulässigkeit des Einsatzes von Atomwaffen wurde auch deutlich auf den Artikel sechs des Atomwaffensperrvertrages verwiesen. Der verlangt redliche Bemühungen zur vollständigen Abrüstung. Der Gerichtshof erklärte damals, dass damit auch ein konkretes Ergebnis - also echte Abrüstungsschritte - verbunden sein muss. Eine ähnliche politische Erklärung könnte auch in diesem Fall eine Möglichkeit sein.
Allzu viel Hoffnung sollte man aber nicht darauf setzen, meint Wittich. Die Klage ist eher im Sinne von politischem Druck zu sehen, der den weltweiten Diskussionen um vollständige Atomwaffenabrüstung neuen Schub verleihen soll.