Vor Österreich-Besuch: Kurz warnt Erdogan

Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan will am Donnerstag nach Österreich kommen - nicht auf offizielle Einladung Österreichs, sondern um zwei Monate vor der türkischen Präsidentschaftswahl eine Rede vor Türken in Österreich zu halten. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) warnt Erdogan davor, durch aggressive Botschaften die österreichische Gesellschaft zu spalten.

Außenminister Sebastian Kurz

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Morgenjournal, 13.6.2014

Appell an Erdogans Verantwortung

Die Warnung von Außenminister Kurz an Erdogan ist eindringlich: "Ich erwarte mir, dass sich der Premierminister Erdogan seiner Verantwortung bewusst ist. In der Integration geht's um eine sehr harte und mühselige Kleinarbeit. Leider Gottes kann eine Rede, ein falscher Satz oder ein Aufruf in die falsche Richtung sehr viel an Integrationsklima zerstören und uns da wieder zurückwerfen."

Am 19. Juni will der türkische Premier Österreich besuchen - offiziell, um das zehnjährige Bestehen der Union Europäisch-Türkischer Demokraten zu feiern, sie gilt als verlängerter Arm von Erdogans islamisch-konservativer Partei AKP. Inoffiziell dürfte es freilich auch darum gehen, um Stimmen der Auslandstürken für die Präsidentenwahl im August zu werben, auch wenn Erdogan seine Kandidatur bis jetzt noch nicht offiziell bekanntgegeben hat. Immerhin knapp 115.000 türkische Staatsbürger leben in Österreich, die meisten davon sind wahlberechtigt.

"Kann Spalt in Gesellschaft treiben"

Wo genau die Rede Erdogans stattfinden wird, ist noch offen, Sebastian Kurz rechnet jedenfalls mit Wahlkampftönen: "Selbstverständlich ist damit zu rechnen. Und ich kann nur warnen, dass es hier keine falschen Aufrufe oder Botschaften gibt. Er kann mit falschen Aufrufen einen Spalt in unsere Gesellschaft treiben, den wir hier in Österreich definitiv nicht brauchen. Die Menschen mit türkischen Wurzeln sind ein teil unserer Gesellschaft und kein Fremdkörper. Und insofern muss er hier sehr sensibel vorgehen."

Einen ähnlichen Auftritt hat Erdogan Ende Mai in Köln vor mehr als 10.000 Anhängern absolviert, rund 30.000 Personen haben gegen den türkischen Ministerpräsidenten protestiert. Erdogan hat sich in seiner Rede wörtlich "gegen eine Assimilierung der Türken im Ausland" ausgesprochen. In Österreich erwarte er dergleichen nicht, sagt Kurz: "Wenn er schon in Österreich spricht, dann soll er dazu aufrufen, dass Menschen mit türkischen Wurzeln in Österreich Deutsch lernen, sich integrieren und ihrem neuen Heimatland Österreich gegenüber auch loyal sind."