Sufi-Gesänge in Salzburg

Die Festspiele haben schon begonnen, ein Teil des Programms vor der eigentlichen Eröffnung ist noch die "Ouverture spirituelle". Die Künstler widmen sich der Musik aus verschiedenen religiösen Traditionen. Diesmal haben die Veranstalter in Salzburg den aus Kairo stammenden Sufi-Orden Al-Gazoulia eingeladen, der gestern Abend in der Salzburger Kollegienkirche mit einem Ritual zu erleben war - es war der erste öffentliche Auftritt der Bruderschaft überhaupt.

Morgenjournal, 21.7.2014

"Sich im Göttlichen auflösen"

Mit der Anrufung Gottes beginnt das Ritual der Sufi-Mönche aus Kairo. Knapp 20 Männer in weißen Kutten aus dünnem Stoff, dem "Galbaya", und weißer Kopfbedeckung haben vorne in der Kollegienkirche in einem Sesselkreis Platz genommen. Köpfe und Oberkörper im Takt wiegend, geben sie sich dem Gebet hin, es ist eine Abfolge auf- und abschwellender Gesänge und ständige Wiederholung kleinster Tonsequenzen. Musik und Rhythmus, der Einsatz von Stimme, Körper und Atem schaffen eine tranceartige Atmosphäre, die auch dem außen sitzenden Publikum nicht verborgen bleibt.

Mit Sufismus verbindet die westliche Welt vor allem die Tanzenden Derwische, die sich ekstatisch im Kreis drehen. Etwas introvertierter, aber ebenso facettenreich ist die Musik in jenen Ritualen, wie sie der Orden Al-Tariqa al-Gazoulia praktiziert. Sie soll helfen, Allah möglichst nahezukommen. So unterschiedlich die Traditionen islamischer Mystik zwischen Nordafrika und Indonesien auch sind: Ein Sufi strebe immer danach, sich ganz im Göttlichen aufzulösen, erklärt einer der Anhänger von Al-Gazoulia, Mohamed Shoeib.

Al-Gazoulia-Orden

Die Geschichte des al-Gazoulia-Ordens ist noch jung: 1950 in Kairo gegründet, wird er heute von Sheikh Salem Algazouly geleitet. Die Mitglieder sind keine Ordensleute im christlichen Sinn, sie haben Familie und gehen einem zivilen Beruf nach - Mohamed Shoeib etwa ist Arzt in einem Krankenhaus in Kairo. Anders als im Iran, in Pakistan oder Saudi-Arabien werden Sufis in Ägypten nicht verfolgt. Zu den politischen Umbrüchen in seinem Heimatland will Shoeib trotzdem nichts sagen - Al-Tariqa al-Gazoulia sei keine politische Bewegung, sondern widme sich einzig und allein der Vervollkommnung der Menschen.

Diese Botschaft tragen die Brüder von Al-Gazoulia nun erstmals nach außen: Der Auftritt bei der Salzburger "Ouverture spirituelle" ist der erste an einem öffentlichen Ort. Nach dem gestrigen Ritual werden die Sufis auch morgen in der Kollegienkirche auftreten, wenn ein Werk des ägyptisch-österreichischen Komponisten Hossam Mahmoud uraufgeführt wird. Und am Donnerstag kommt es zu einer Begegnung zwischen Orient und Okzident: Der Salzburger Geiger Frank Stadler wird über die Sufi-Gesänge improvisieren und diese mit Musik von Johann Sebastian Bach verbinden.