Debatte über abgewiesenen Schadenersatz

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien hat die Schadenersatzklage des Tierschützers Martin Balluch gegen die Republik abgewiesen. Balluch hatte nach seinem rechtskräftigen Freispruch im umstrittenen Tierschützerprozess 600.000 Euro Schadenersatz gefordert. Begründet wurde die Abweisung der Klage unter anderem wegen Verjährung - was auf Kritik stößt.

Mittagsjournal, 31.7.2014

An Durchsetzung der Rechte gehindert?

Geht es nach der Entscheidung des Zivillandesgerichtes Wien, hätte Tierschützer Martin Balluch bereits in der Untersuchungshaft seine Schadenersatzansprüche anmelden müssen. Klingt skurril, ist aber so, denn Balluch habe ja von seiner Schuldlosigkeit gewusst, heißt es sinngemäß in der Urteilsbegründung.

Grundsätzlich gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, sagt Zivilrechtsprofessor Paul Oberhammer von der Uni Wien. Die Frage ist, wann diese Kenntnis eintritt, ab wann der Geschädigte also in der Lage wäre, seinen Anspruch geltend zu machen, so Oberhammer. Das führt immer wieder zu Härten, dient aber dazu, dass nicht Jahre später Klagen eingebracht werden können. Im Fall der Tierschützer sieht Oberhammer allerdings eine besondere Situation, weil durch U-Haft und angeblich verschwiegene Ermittlungsergebnisse die Republik den Geschädigten ja womöglich selbst an der Durchsetzung seiner Rechte gehindert hat. Hier könnte die Verjährungseinrede auch rechtsmissbräuchlich sein. Die Verjährung wird vom Gericht nicht von Amts wegen beachtet, sagt Oberhammer. Der Beklagte, in diesem Fall die Republik Österreich, muss sich darauf berufen und hätte auch die Entscheidung treffen können zu sagen, ja ich habe diesen Schaden zu verantworten und stehe auch dafür ein, sagt Oberhammer.

"Unerträgliches rechtsstaatliches Defizit"

Für Verfassungsrechtsexperten Bernd Christian Funk sieht die Entscheidung des Zivillandesgerichtes problematisch. Das sei ein schwerer Rückschlag für die eigentliche Problematik des Tierschützer-Prozesses, sagt Funk, nämlich die Frage, "ob die gesetzlichen Vorschriften, die hier völlig unzureichende Entschädigungsleistungen vorsehen, verfassungsrechtlich einwandfrei sind, ob sie dem Grundsatz des ausreichenden angemessenen Ersatzes und Ausgleichs Rechnung tragen". Denn, so Funk: "Es wäre von großem rechtspolitischem, menschenrechtlichem und rechtsstaatlichem Interesse, in dieser Frage eine Klärung herbei zu führen. Denn wir haben es hier offensichtlich mit einem schweren Defizit unseres rechtsstaatlichen Systems zu tun - eigentlich mit einem unerträglichen Defizit."


Um das zu klären, ist ein Gang vor das Höchstgericht nötig und das kann für den Tierschützer sehr teuer werden. Denn dass er hier Recht bekommt, ist unsicher. Ein Senat des Obersten Gerichtes hat schon einmal im Fall eines Salzburger Asylverfahrens bei einer Schadenersatzklage die Verjährung gelten lassen. Obwohl erst nach jahrelangem Verfahren festgestanden ist, dass der Asylantrag des Klägers zu Unrecht in erster Instanz abgewiesen worden ist.