"Informationsfreiheit": Gutachten geheim

Seit dem Frühjahr gibt es einen Regierungsentwurf für ein Informationsfreiheits-Gesetz, den aber nicht nur die Opposition, sondern auch zahlreiche Fachleute als zu weich kritisieren. Unter ihnen ist auch der deutsche Experte Bernd Holznagel, der im Auftrag der OSZE ein Gutachten zum Entwurf erstellt hat. Das Pikante daran: Das Gutachten zur Informationsfreiheit wird im Parlament unter Verschluss gehalten.

Morgenjournal, 30.10.2014

Substanzielle Kritik

Die OSZE hat den vielkritisierten Regierungsentwurf zum Informationsfreiheits-Gesetz von Bernd Holznagel begutachten lassen. Der ist ausgewiesener Experte auf dem Gebiet und leitet an der Universität von Münster in Deutschland das Institut für Informationsrecht. Dem Vernehmen nach kommt Holznagel in dem Gutachten zum Schluss, dass der Entwurf der Regierung in die richtige Richtung gehe - schließlich würde damit das völlig antiquierte Amtsgeheimnis endlich der Vergangenheit angehören. Aber der Experte soll auch Kritik üben: dass nämlich - im Gegensatz zu anderen einschlägigen Gesetzen - kein Beauftragter für Informationsfreiheit vorgesehen ist. Und dass die Länder Ausführungsgesetze erlassen sollen, was dazu führen kann, dass das Amtsgeheimnis nicht überall abgeschafft werden wird.

Antrag auf Einsicht abgelehnt

Das Gutachten dieses Inhalts ist ans Parlament übermittelt worden, wo seit genau einem Jahr auch Anträge von NEOS und Grünen für ein Informationsfreiheitsgesetz liegen. Doch weder NEOS noch Grüne haben das Gutachten von der Parlamentsdirektion übermittelt bekommen. Die Öffentlichkeit schon gar nicht. Ö1 hat nachgefragt, warum. Antwort von Parlaments-Sprecher Rudolf Gollia: Das Gutachten liege beim Rechts- und Legislativdienst und sei dem Konvolut von Oppositionsanträgen zugeordnet worden. Es stehe im Übrigen nichts Aufregendes drin, so Gollia. Das Ö1-Ersuchen, das Gutachten zu bekommen oder lesen zu dürfen, wurde mehrfach abgelehnt - man möge sich doch an den Auftraggeber oder den Autor wenden, so die Auskunft des Sprechers.

Unverständnis für Vorgangsweise

Für Josef Barth vom Forum Informationsfreiheit, das die Vorlage für die Gesetzesanträge der Opposition geliefert hat und den Regierungsentwurf massiv kritisiert, ist die Vorgangsweise des Parlament höchst fragwürdig: "Dass ein Gutachten, das eine internationale Organisation gemacht hat, ans Parlament übermittelt wurde und dort nicht weitergegeben wird, ist überhaupt nicht nachvollziehbar. Das ist eine Information, die den Bürger etwas angeht und die wir alle haben dürfen sollten. Wenn das Parlament dieses Gutachten nicht herausgibt, dann ist das eine Vorenthaltung von Wissen, das eigentlich dazu dienen sollte, Gesetze besser zu machen. Ich kann mir keinen Reim darauf machen, warum die Bürger nicht wissen dürfen, inwiefern das Gesetz darin kritisiert wird."

Der zuständige Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) will derzeit zum Thema nicht Stellung nehmen. Wann es einen Beschluss über das Informationsfreiheitsgesetz im Ministerrat und ob es Änderungen am Entwurf geben wird, ist offen.