Alijew-Prozess beginnt

In Wien beginnt heute der Prozess wegen des mutmaßlichen Doppelmordes an zwei Bankmanagern in Kasachstan vor acht Jahren. Angeklagt sind zwei Weggefährten des ehemaligen kasachischen Vizeaußenministers und Oligarchen Rachat Alijew, der tot in der U-Haft aufgefunden wurde. Die Verteidiger der noch übrigen zwei Angeklagten sehen die Anklage als ein "Lügengebäude". Die Staatsanwaltschaft hingegen schreibt von einer dichten Indizienkette.

Morgenjournal, 14.4.2015

Angefangen hat der kasachische Krimi ähnlich wie die Causa Hypo in Österreich - nämlich mit fragwürdigen Krediten. In diesem Fall vergeben durch Manager der kasachischen Nurbank. Rachat Alijew, der Mehrheitseigentümer der Nurbank hat den Managern laut Anklage vorgeworfen, sie hätten durch diese Kredite Millionen in die eigene Tasche gewirtschaftet. Das ist das mutmaßliche Motiv für den angeblichen Doppelmord. Gerichtssprecherin Christina Salzborn: "Den Angeklagten wird vorgeworfen, Manager der Nurbank entführt zu haben, diese misshandelt und verletzt zu haben, schließlich auch zur Überschreibung von Anteilen an der Bank genötigt zu haben und sie schließlich in bewusstem und gewollten Zusammenwirken mit dem verstorbenen Aliyev ermordet zu haben."

Zustande gekommen ist die Anklage unter massiver Mitarbeit von Anwalt Gabriel Lansky. Er wird im Prozess aber nicht auftreten. Denn die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen ihn - wegen Verdachts der Zusammenarbeit mit dem kasachischen Geheimdienst zum Nachteil Österreichs. Sein Kompagnon Gerald Ganzger vertritt Lansky und die Bankmanager-Witwen: "Die Opfer haben wirklich mit unserer Hilfe Jahre gekämpft. Und man kann sich gar nicht vorstellen, was das für die beiden Witwen bedeutet. Sie haben endlich die Gelegenheit, auch den mutmaßlichen Mördern in die Augen sehen zu können."

Die zwei Angeklagten aber werden sich nicht schuldig bekennen. Walter Engler, Anwalt von Rachat Alijews Ex-Sicherheitschef:
"Der Mandant hat auch nichts gemacht. Wir werden sehen, dass das ein Lügengebäude ist, das da von Kasachstan konstruiert wurde."

Hintergrund sei ein Machtkampf Alijews mit dem diktatorisch regierende kasachische Präsidenten Nursultan Nasarbajew. Die Anklage basiert fast ausschließlich auf Zeugenaussagen. Aber zahlreiche Zeugen haben ihre Aussagen immer wieder geändert - womöglich unter Druck, vermutet die Verteidigung. Und Österreich habe mitgespielt, kritisiert Martin Mahrer, Anwalt des ausschließlich wegen des Mordverdachts mitangeklagten ehemaligen Geheimdienstchefs und Alijew-Weggefährten Alnur Mussayev:

"Europa und Österreich ist abhängig von Rohstoffen und kann einem in diesem Sinne bedeutenden Land nicht die Türe vor der Nase zuschlagen, weil man Angst haben könnte, dass uns der Ölhahn zugedreht wird. Das veranlasst die österreichische Justiz, eine Mordanklage zu erheben - im besten Wissen und Gewissen, dass Vorwürfe zumindest gegenüber Alnur Mussayev haltlos sind."

Besonders spannend wird, ob Dariga Nasarbajewa, die Ex-Frau von Alijew und Tochter von Staatschef Nasarbajew aussagen wird im Prozess. Denn sie hat laut Anklage finanziell profitiert von der Entführung und Erpressung der Bankmanager, ihr wurden deren Bankanteile überschrieben. In Österreich wäre das strafbar, sagt Anwalt Engler: "In Kasachstan offensichtlich ist es nicht einmal wert, das näher zu untersuchen oder zu verfolgen." Aber auch die österreichische Justiz habe die fragwürdige Rolle der Tochter von Diktator Nasarbajew bisher nicht wirklich hinterfragt.