Schauspieler Helmuth Lohner gestorben

Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter Helmuth Lohner ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Der Wiener war nicht nur ein herausragender Schauspieler, er war auch ein wacher und kritischer Beobachter der Politik: "Ich kann diese Sprechblasen nicht mehr sehen! Es ist so ein grauenvolles Wischiwaschi, was die zusammenreden!", sagte er vor mehr als einem Jahr in einem Zeitungsinterview.

Helmuth Lohner

Helmuth Lohner in der Rolle des John Gabriel Borkman, den er im gleichnamigen Ibsen-Stück 2012 im Wiener Theater in der Josefstadt verkörperte.

APA/ROLAND SCHLAGER

Mittagsjournal, 23.6.2015

Helmuth Lohner ist in der vergangenen Nacht gestorben. Das bestätigte das Wiener Theater in der Josefstadt, dessen künstlerischer Direktor Lohner 1997 bis 2006 war, am Dienstagvormittag. Helmuth Lohner hätte im Dezember in der Regie von Herbert Föttinger und in einer Fassung von Peter Turrini den "Anatol" an der Josefstadt spielen sollen. Seine letzte Inszenierung war "Schon wieder Sonntag" mit Otto Schenk in den Kammerspielen der Josefstadt.

"Hinreißender Darsteller und Sprachkünstler"

Der Tod Helmuth Lohners bedeute "einen unersetzbaren Verlust für die Josefstadt, für das deutschsprachige Theater und großen Schmerz für alle, die ihn kennen und ihm nahestanden", hieß es heute in einer ersten Reaktion des Theaters in der Josefstadt.

"Helmuth Lohner war ein hinreißender Darsteller feinnerviger Charaktere, ein Sprachkünstler, dessen schauspielerische Präzision, Phantasie und Hingebungskraft bewundert wurde", wurde Direktor Herbert Föttinger in einer Aussendung zitiert. "Abseits der Bühne war er ein bescheidener Mensch von feiner Gesinnung, der auch als Direktor der Josefstadt für Toleranz, Mitmenschlichkeit und Güte stand."

Nestroyspezialist und Publikumsliebling

Er spielte nahezu alle großen Rollen der Theaterliteratur, war als Hamlet und Richard III., als Mephisto, Faust und als Jedermann auf der Bühne zu erleben. Außerdem in zahlreichen Nestroy-Rollen, die der große Komiker und Charakterdarsteller mit besonderer Vorliebe verkörperte. Helmuth Lohners Wandlungsfähigkeit und die Intensität, mit der er tragische und komische Helden gleichermaßen mimte, machten ihn zum Liebling von Kritikern und Publikum.

Engagements im gesamten deutschen Sprachraum

Geboren 1933 in Wien Ottakring, absolvierte Lohner zunächst eine Lehre im grafischen Gewerbe, bevor er nach privatem Schauspielunterricht am Stadttheater Baden debütierte. Schon mit 20 Jahren wurde er ans Theater in der Josefstadt engagiert. Spätere Bühnenengagements führten ihn nach Hamburg, Berlin, München und Zürich. Fast drei Jahrzehnte lang spielte er in wechselnden Rollen bei den Salzburger Festspielen, ab 1990 auch fünfmal den Jedermann.

Fernsehschauspieler & Theaterdirektor

Einer breiten Öffentlichkeit wurde Lohner in den 50er und 60er Jahren durch seine zahlreichen Filmrollen bekannt, etwa 1960 in "Pension Schöller" oder 1965 als Carl Joseph Trotta in Michael Kehlmanns "Radetzkymarsch"-Verfilmung, seiner wohl bedeutendste Fernsehrolle.

Von 1997 bis 2006 leitete Helmuth Lohner mit kurzer Unterbrechung das Theater in der Josefstadt und holte während seiner Direktionszeit erstmals Regie- und Schauspielgrößen wie Luc Bondy, Peter Stein, Gert Voss oder Ignaz Kirchner ans Haus. Eine enge Freundschaft verband den leidenschaftlichen Komödianten bis zuletzt mit dem Regisseur und Schauspieler Otto Schenk. Gemeinsam feierten sie mit ihren Doppelconferencen große Erfolge.

Rückkehr auf die Bühne

Nach Jahren als Opern- und Operettenregisseur kehrte Lohner zuletzt als Schauspieler auf die Bühne zurück. 2012 spielte er in Mörbisch den Frosch in der Strauß-Operette "Die Fledermaus", die er auch selbst inszenierte. Im Frühjahr 2014 stand er gemeinsam mit Elisabeth Trissenaar in Heiner Müllers Zweipersonenstück "Quartett" auf der Bühne des Theaters in der Josefstadt. Helmuth Lohner war seit 2011 mit Elisabeth Gürtler, der Chefin des Hotels Sacher, verheiratet. Er hinterlässt zwei Töchter.

Text: APA, Red.