"Gefühlt Mitte Zwanzig" - Ben Stiller in der Krise

Soll man Kinder haben oder nicht? Was hat man bereits erreicht im Leben und was könnte man noch erreichen? Wie steht es um die eigene Selbstverwirklichung? Mit fundamentalen Fragen des Daseins wird im Film "Gefühlt Mitte Zwanzig" ein Paar Mitte 40 in New York konfrontiert. Daraus hat der aus Brooklyn stammende Regisseur Noah Baumbach, bekannt durch Filme wie "Greenberg" und "Frances Ha", eine anregende Komödie gemacht.

In den Hauptrollen sind Ben Stiller und Naomi Watts zu sehen.

Mittagsjournal, 28.7.2015

Da hat man viele Möglichkeiten, weil eigentlich kaum Verpflichtungen und dennoch nimmt man sie nicht wahr: zum Beispiel spontan auf Urlaub fahren. Aber immer hat ein New Yorker Mittelstands-Ehepaar Mitte 40 eine Ausrede. Überhaupt zeigt sich dessen leger-unbekümmerte Lebensstil Abnützungserscheinungen. Josh (Ben Stiller) ist Dokumentarfilmer, und Cornelia (Naomi Watts) Filmproduzentin, alles in kleinem Stil dafür aber mit großem intellektuellen Anspruch. Dieses Paar realisiere gerade, dass es nicht ewig so weitergehen könne bis bisher, so Hauptdarsteller Ben Stiller.

Plattensammlung und Bandscheibenvorfall

Die Bekanntschaft mit einem jungen Paar Mitte 20 - ein klassischer Fall von Hipstertum - wird für Josh und Cornelia zum vorübergehenden Rettungsanker vor der Midlife-Crisis. Regisseur Noah Baumbach spielt die unterschiedlichen Lebenskonzepte der Generationen ironisch gegeneinander aus, um sich die Selbstdarsteller auf allen Seiten vorzuknöpfen. Die analoge Plattensammlung? Nur ein trotzig-larmoyanter Widerstand gegen den digitalen Mainstream. Die ewige Suche nach der künstlerischen Wahrheit? Nur ein Vorwand, um sich vor der Verantwortung für ein fertiges Produkt zu drücken. Die plötzliche Begeisterung für Hip-Hop-Tanz? Eher doch nur ein Verdrängungsvehikel für banale Wahrheiten wie Bandscheibenvorfall und Arthrose.

Alltagsnähe und Milieugenauigkeit

Zielgenau hat es Regisseur Noah Baumbach - selbst Jahrgang 1969 - auf jenen Punkt im Leben abgesehen, an dem man erkennen muss, dass eben nicht mehr alles möglich ist, dass manche Heldentat der Vergangenheit in der Zukunft nur mehr als romantische Verklärung zur Verfügung steht. Baumbach hat dazu eine ungemein lebenskluge Komödie gedreht, die mit einer Fülle an existenziellen Themen jongliert, mit kritischem Blick auf gegenwärtige Kommunikationsverhältnisse - Stichwort: Soziale Medien - und ironischem auf die Brüchigkeit von Lebensroutinen; das alles bestechend in Alltagsnähe und Milieugenauigkeit. Ein Film, der vormacht, wie man so manches Lebensideal einfach sausen lassen und sich dennoch in den Spiegel schauen kann.