"Im Ö1-Journal zu Gast"

Hans-Peter Doskozil: Flüchtlingswelle bis Dienstag

Nicht ganz friktionsfrei ist das Verhältnis zwischen Ungarn und Österreich nicht nur auf politischer sondern auch auf Polizeiebene. Burgenlands Polizeichef Hans-Peter Doskozil beklagt, dass er nur wenig Information bekommt - über jeden Zug erst kurz bevor er ankommt - und die Flüchtlingsströme von Ungarn auch gelenkt würden. Nach den zwei großen Flüchtlingswellen in den vergangenen Tagen rechnet Doskozil mit einem weiteren Ansturm – solange bis Ungarn die Gangart wie angekündigt verschärft: am 15. September.

Mittagsjournal, 12.9.2015

Hans-Peter Doskozil im Gespräch mit

Hans Peter Doskozil

Hans Peter Doskozil

APA/ROBERT JAEGER

Stichtag: 15. September

Vor drei Wochen war Hans Peter Doskozil außerhalb des Burgenlands nur den Wenigsten ein Begriff. Dann passierte die Flüchtlingstragödie auf der A4 mit 71 Toten, und seit dem vergangenen Wochenende reißt der Flüchtlingsstrom von Ungarn über das Burgenland nicht ab. Der Landespolizeidirektor im Burgenland, Hans Peter Doskozil, ist seither als Krisenmanager im Dauereinsatz und steht täglich den Medien Rede und Antwort. Der 45 Jahre alte Jurist trat mit 19 in den Polizeidienst ein, war kurzzeitig im Innenministerium und zwei Jahre lang auch als Büroleiter von Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) tätig. Seit drei Jahren ist Doskozil Landespolizeidirektor im Burgenland. Im Ö1-Journal zu Gast skizziert Doskozil, wie sich die Polizei auf die nächsten Flüchtlingswellen vorbereitet, - dass Deutschland seine Grenzen schließt, erwartet er nicht.

Zu erwarten sei allerdings, dass sich ab 15. September die Route der Flüchtlinge ändern wird. Dass hat Ungarn angekündigt, strenge Gesetze mit Haftstrafen anzuwenden und auch den Stacheldrahtzaun an der Grenze schärfer zu bewachen. Die Route könnte sich dann über Kroatien und Slowenien in Richtung Südösterreich ändern.

Logistische Herausforderung

Die größten Herausforderungen für die Polizei im Burgenland sind logistische, sagt Doskozil. Die Menschen seien müde, Aufgabe sei es ihnen Tempo zu nehmen, sie zu beruhigen, sie versorgen und ihnen zu helfen geordnet weiterzukommen. Information sei das Wichtigste in so einer Situation, das sei auch der Grund, warum es zu keinen gröberen Zwischenfällen gekommen sei.

Innerhalb einer Woche sei es gelungen, 30.000 Menschen zu versorgen und ihre Weiterreise zu organisieren oder Quartiere in Österreich anzusteuern. Das funktioniere gut.

Dass die Entwicklung absehbar gewesen sei, wie es der Nickelsdorfer Bürgermeister an die Adresse der Regierung gesagt habe, stimme so nicht, sagt Doskozil. Es war nicht absehbar, dass sich Ungarn so verhalten werde. Die Flüchtlinge würden durchgeschleust ohne sie erstzuversorgen.

Generell zur Aufnahme von Flüchtlingen meint Doskozil, es sei dringend darauf zu achten, dass das Verhältnis der Aufnahme zur ansässigen Bevölkerung gewahrt werde. Es bringe nichts Gemeinden zu überfordern, das könne nur schief gehen. Vorbehalte gebe es vor allem in Gemeinden, die gar keine Flüchtlinge aufgenommen haben. Dort würden die Menschen nicht sehen, wie es den Flüchtlingen geht. Hier mangle es noch an Aufklärung. Wenn man aber beide Faktoren beachte, sei es sicher möglich Flüchtlinge österreichweit unterzubringen.