Kandidatenpoker um Bundespräsidentenwahl

Namen schwirren herum, aber Entscheidungen gibt es noch nicht, immer wieder wird auf diverse Parteigremien verwiesen. Das Warten auf die Kandidaten für die Bundespräsidentschaftswahl geht wohl noch ein paar Tage weiter, denn bis auf Irmgard Griss und Adrien Luxemburg als unabhängige Kandidaten hat sich noch niemand öffentlich entschieden.

Morgenjournal, 7.1.2016

In der ÖVP soll es am Sonntag soweit sein, bei der SPÖ nächste Woche, die Grünen warten auf eine Entscheidung von Alexander van der Bellen und die FPÖ wartet überhaupt die Entscheidung der anderen Parteien ab. Dass über die Wahl lange geredet und in erster Linie spekuliert werden muss, ist aber nichts Neues. Partei-Taktik, Umfragen-Strategie und Macht-Poker gab es immer schon.

Nicht immer Parteimitglieder

Dass ein möglicher Kandidat von der Parteispitze umworben wird, hat es bereits gegeben: "Lieber Fredl, lass mich in Ruh!" hat Kurt Steyrer zu SPÖ-Chef Fred Sinowatz gesagt. Der damalige Gesundheits- und Umweltminister ließ sich dann doch überreden, trat im Mai 1986 gegen Kurz Waldheim an und verlor.

Seit das Volk über den Bundespräsidenten bestimmt, also seit 1951, sind 31 Männer und Frauen zur Wahl angetreten, mehr als 2 Drittel von ihnen sind von einer Partei nominiert worden. Nicht immer waren es Parteimitglieder: 1974 hat die SPÖ den parteilosen Außenminister Rudolf Kirchschläger nominiert, bei der ÖVP gab es eine Um-Entscheidung in letzter Minute: Für Hermann Widhalm hatte man schon Wahlplakate in Druck gegeben, doch nach Widerstand aus der Tiroler ÖVP wurde der Innsbrucker Bürgermeister Alois Lugger nominiert - Kirchschläger wurde Bundespräsident.

Wir wollen den Gremien nicht vorgreifen, hört man oft aus den Parteien. Doch auch das hat nicht immer funktioniert. 2004 wollte die ÖVP ihre Entscheidung beim Parteivorstand bekanntgeben. 6 Tage vorher hat sich Benita Ferrero-Waldner in Ö1 nach vorne gewagt: sie habe sich entschlossen anzutreten. Sie bekam schließlich das Okay der Partei, aber nicht das des Volks, Heinz Fischer wurde Bundespräsident.

Ihn hatte - wie seine Ehefrau zuletzt in ihrem Buch "Was wir weitergeben" berichtet hat - der damalige SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer auf einer Auslandsreise gefragt und hinzugefügt, er solle aber noch mit dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl darüber reden. Man einigte sich - und ein paar Wochen später hat Alfred Gusenbauer in der ZiB 2 die Entscheidung verkündet: sein Wunschkandidat sei Heinz Fischer, er werde ihn den Parteigremien vorschlagen.

Auch Verzicht ist üblich

Dass alle Parlamentsparteien einen Kandidaten aufstellen, war nur 1951 und 1992 der Fall. Dass die ÖVP für die Wahl 2010 niemanden nominiert, hat vor allem Erwin Pröll geärgert. Auch ihm selbst hat man Ambitionen nachgesagt - aber so wurde Heinz Fischer wiedergewählt, Pröll blieb Landeshauptmann.

Dass Kandidaten ihre politischen Ämter aufgeben, ist nicht notwendig - und auch nicht die politische Regel. Heinz Fischer ist als 2. Nationalratspräsident angetreten, Benita Ferrero-Waldner als Außenministerin, nach ihrer Niederlage blieb sie es noch ein paar Monate und wurde schließlich EU-Kommissarin. Der SPÖ-Kandidat von 1992, Rudolf Streicher, wiederum ist im Vorfeld als Verkehrsminister zurückgetreten. Er war im ersten Wahlgang erster, den zweiten hat Thomas Klestil gewonnen, Streicher ging zurück zu Steyr-Daimler-Puch.