Von Horacio Verbitsky
"Der Flug"
Kaum ein Buch hat in Argentinien so viel Staub aufgewirbelt wie "El Vuelo" bei seinem Erscheinen im Jahr 1995. In diesem Buch erzählt ein unmittelbar beteiligter Militär dem Journalisten Horacio Verbitsky von der Praxis, politische Gegner während der argentinischen Militärdiktatur betäubt und nackt aus Flugzeugen zu werfen, um sie verschwinden zu lassen. Zum 40. Jahrestag des Militärputsches von 1976, liegt die deutsche Übersetzung im Verlag Mandelbaum vor.
8. April 2017, 21:58
MANDELBAUM VERLAG
Kontext, 29.04.2016
Argentinien, im Jahr 1995. Ein kleiner Mann, mit Schnauzbart und großer Nase, etwa Mitte Vierzig, spricht den Journalisten Horacio Verbitsky an. Es ist der ehemalige Korvettenkapitän und Marineoffizier Adolfo Scilingo. Er arbeitet bei der ESMA. Die Mechanikerschule der Marine war das geheime Folterzentrum der argentinischen Militärdiktatur. Der Journalist Horacio Verbitsky ist damals etwas älter als der Mann, der ihn da so unvermittelt anspricht. Und er versteht, worum es geht, nämlich um die Verbrechen an Oppositionellen, begangen in den Jahren 1976 bis 1983.
Es waren laut offizieller Statistik mindestens 8.900 Menschen, die während der Militärdiktatur getötet wurden, inoffiziell ist von bis zu 30.000 Toten die Rede. Die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der argentinischen Geschichte ist noch lange nicht abgeschlossen, Horacio Verbitskys Buch wirkt auch heute noch aktuell wie damals, spannend und penibel recherchiert gewährt es nun auch in der von Sandra Schmidt hervorragend übersetzten deutschen Version Einblicke in Methode und Praxis eines Regimes, das Tausende Oppositionelle festnehmen, verschleppen, foltern und viele von ihnen im Meer verschwinden ließ.
Service
Horacio Verbitsky, "Der Flug - Wie die argentinische Militärdiktatur ihre Gegner im Meer verschwinden ließ", Mandelbaum 2016