Von Wolfgang Koschnick

Abschied von der Demokratie

Der Journalist Wolfgang Koschnick zelebriert in seinem Buch "Eine Demokratie haben wir schon lange nicht mehr" den Abschied von einer Illusion. Für ihn sind die Parteien die "letzten Dinosaurier" und der Klotz am Bein der Demokratie geworden und "Berufspolitiker die Totengräber der Demokratie".

Wolfgang Koschnick

PRIVAT

Kontext, 15.7.2016

Für die meisten Menschen ist die klassische Schulbuch-Demokratie das ideale Herrschaftssystem. Ein politisches System, das ihnen Freiheit, Sicherheit und Menschenrechte garantiert. In dem die Gewaltentrennung das Volk davor schützt, dass ein Herrscher oder eine Partei die gesamte Macht an sich reißt. Soweit die Theorie. In der Realität hat sich quer durch alle modernen westlichen Demokratien Vertrauensverlust und Politikverdrossenheit breit gemacht. Gut die Hälfte der Wahlberechtigten geht in vielen Ländern nicht mehr wählen. Das Image von demokratisch gewählten Politikern dümpelt auch in Österreich auf historischem Tiefststand, sogar Banker, Immobilienmakler und Prostituierte rangieren in Umfragen vor ihnen.

Wolfgang Koschnick verachtet unverhohlen die Abgeordneten, Berufspolitiker und Parlamentarier. Sie sind für ihn willige Helfershelfer der Reichen und Superreichen und des Kapitals. Der Autor spart auf 290 Seiten nicht mit Schimpftiraden und drakonischen Bildern, spricht von Parlamenten als Abnickvereinen, vom demokratischen Staat als macht- und geldgierigem Monster, vom Würgegriff der Fraktionen. Wer Argumente für die Politikerschelte sucht, wird in der gut analysierten Zusammenfassung sicher fündig. Vieles ist aber nicht neu, denn der Journalist hat seine Thesen größtenteils schon vor drei Jahren in dem Onlinemagazin Telepolis veröffentlich. Auch wenn man sich beim Lesen weniger schwarz-weiß-Klischees wünscht und gelegentliche Wiederholungen nerven, hat hat Wolfgang Koschnick recht, wenn er feststellt, dass die Kluft zwischen Reich und Arm in allen Demokratien nahezu täglich größer wird und die demokratische Politik tatenlos zuschaut. Schön zu beobachten sei das auch im amerikanischen Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump.

Service

Wolfgang Koschnick, ""Eine Demokratie haben wir schon lange nicht mehr. Abschied von einer Illusion", Westend Verlag