Film "Homo Sapiens": Das Ende der Menschheit?

Der österreichische Filmemacher Nikolaus Geyrhalter hat sich mit politisch brisanten Themen wie der Atomkatastrophe von Tschernobyl, dem Bosnienkrieg oder der Festung Europa auseinandergesetzt. Mit seinem neuen Film ist er aber ein Wagnis der besonderen Art eingegangen: In seinem bildmächtigen Filmessay "Homo Sapiens" erzählt er von dem Ende der Menschheit.

Morgenjournal, 28.10.2016

Orte, die irritieren

Dystopische oder postapokalyptische Welten sind eigentlich beliebte Spielwiesen des fiktionalen Films. Einige wenige Helden kämpfen da in einer lebensfeindlichen Umwelt ums Überleben oder gegen diktatorische Regime. Nikolaus Geyrhalter geht in seinem dokumentarischen Essayfilm noch einen beträchtlichen Schritt weiter. In "Homo Sapiens" wird nämlich eine Welt gezeigt, aus der der Mensch völlig verschwunden ist.

Bald habe das Team gemerkt, erzählt Geyrhalter, dass: "Wenn die Illusion funktionieren soll, dass man sich den Menschen völlig wegdenkt, dann werden Orte sehr irritierend, die zum Beispiel voller Graffiti sind; oder die voller Fußspuren sind, weil kurz vor uns dort jemand auch Fotos gemacht hat." In der Postproduktion habe man solche Dinge retuschiert.

Grundthemen abgebildet

Geyrhalter hat in verlassenen Shoppingmalls, verfallenen Schlachthöfen und leeren Schulen gedreht, er hat sich dem Atommeiler von Fukushima bis auf vier Kilometer genähert und ist zu einer argentinischen Geisterstadt gereist, die über Jahre hinweg unter einem Salzsee begraben lag. Ortsbezeichnungen fehlen jedoch völlig in seinem Film, denn Geyrhalter ging es, statt um einfache geopolitische Zuschreibungen, um Allgemeingültigkeiten.

Er wollte Orte finden, so Geyrhalter, die eine Seele haben, aber gleichzeitig in ihrem Niedergang kein Mitleid erregen. Und so zeigt sein Film "Homo Sapiens" Gebäude, die von perversen Fehlentwicklungen erzählen, von mutigen Visionen oder von grenzenlosem Größenwahn. Ein Beispiel dafür ist das kommunistische Busludscha-Denkmal in Bulgarien. "Wie ein Ufo auf einem Berg sieht es aus. Drinnen ist es voller Mosaike, gleichzeitig ist die Decke so kaputt, dass der Schnee und der Regen reinkommen. Das war eines der absoluten Highlights für mich."

Bilder und Geräusche kommentieren

Geyrhalter verzichtet in "Homo Sapiens" vollständig auf Interviews und Off-Kommentare. Sein einziger Erzähler ist der jeweilige Ort mit seinen Abdrücken des menschlichen Willens und vielleicht einer aufgeschreckten Taube, die über diese brüchige Menschheitsgeschichte hinwegflattert.

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