Handy vor Bildschirm, Krone und oe24

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Soziale Medien

Boulevard auf Social Media: Teilen ist schön

Für die Boulevardzeitungen "Krone", "Österreich" und "Heute" wird Social Media immer wichtiger. Denn die Clicks auf die Website kommen von Facebook. Um dort zu reüssieren, setzt vor allem der Boulevard auf Schlagzeilen, die emotionalisieren und polarisieren. Und im Idealfall von Heinz-Christian Strache geteilt werden.

Kein anderer österreichischer Politiker teilt so gerne wie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Besonders oft empfiehlt er Artikel von "krone.at" und "oe24.at", dem Onlineportal der Tageszeitung Österreich auf seiner Facebook-Seite. Das hat eine Erhebung der Social-Media-Analyse-Firma Storyclash ergeben. Laut Storyclash hat Strache seit Anfang diesen Jahres 170 Artikel von Medien geteilt. "Das ist fast jeden Tag ein Beitrag. Am meisten teilt er Beiträge von der 'Krone' mit 40 Prozent, gefolgt von 'oe24'", sagt Andreas Gutzelnig, Geschäftsführer von Storyclash.

FPÖ-affine Themen bringen Clicks

Von Strache gepostet werden vor allem Geschichten, in denen es um FPÖ-affine Themen geht, wie Kriminalität, Flüchtlinge, Asylwerber oder die Versäumnisse der Regierung. Wenn der FPÖ-Chef etwas mit seinen 600.000 Facebook-Fans teilt, dann schnellen die Clicks in die Höhe. Das wissen "Krone" und "oe24".

Tatsächlich hat die die Kommunikationsagentur Media Affairs festgestellt, dass rund 38 Prozent der "oe24"-Postings in einem Monat die FPÖ und ihre Themen im Fokus haben, sagt Projektleiterin Maria Pernegger: "Ich weiß nicht, ob Fellner für Strache schreibt, aber ich kann mir vorstellen, dass diese Redaktion weiß, dass Strache Clicks und Likes bringt. Ein Beitrag mit Strache erhält immer mehr Aufmerksamkeit als andere."

Eine lukrative Symbiose

Die FPÖ und ihr Obmann polarisieren und emotionalisieren. Deshalb kommen sie in Onlinegeschichten auch öfter vor als in der Zeitung. Das ist eine durchaus lukrative Symbiose, sagt Pernegger von Media Affairs: "Strache profitiert, wenn er eine unter Anführungszeichen unabhängige Berichterstattung oder Bestätigung zu einem Thema findet. Und die "Krone" und "oe24" profitieren, weil Strache natürlich viele Fans hat und diese die Artikel aufmachen. Da kommt bares Geld herein, weil das Ganze über Werbeeinnahmen finanziert ist."

Wie viel Geld hereinkommt, wisse man noch nicht - aber dass sich das lohnt, gibt "Krone"-Online-Chef Richard Schmitt freimütig zu, wie in diesem Zitat aus einem Interview mit dem Magazin "Fleisch" aus dem Sommer 2016:
"Wenn Strache einen normalen Bericht von uns auf Facebook teilt, dann merken wir, das haut die Quote auf das 1,5-Fache hoch. Und umgekehrt kriegt er natürlich auch mehr Traffic, wenn wir ihn pushen. So ein Doppelspiel ist natürlich für die anderen Parteien gefährlich. Und auch da nicht falsch verstehen: Das könnten ÖVP und SPÖ natürlich auch machen. Sie machen es aber nicht."

Kern und Kurz teilen weniger Artikel

Dass SPÖ und ÖVP weniger Beiträge von Medien auf Facebook teilen, zeigen auch die Zahlen von Storyclash. Kurz und Kern posten viel weniger Zeitungsbeiträge als Strache, sagt Anderas Gutzelnig: „Christian Kern teilt etwa einen Beitrag pro Woche und da etwa ein Drittel vom "Kurier", ein Drittel vom "Standard" und der Rest aufgeteilt. Sebastian Kurz teilt auch etwa einen Beitrag pro Woche." Etwa die Hälfte der Kurz-Postings kommt von der "Presse", erklärt Gutzelnig.

Im Netz ist das Geschäft noch härter

Generell gilt: Schlechte Nachrichten bringen Quote, deshalb werde der Boulevard-Journalismus im Netz noch mehr zugespitzt als in der Zeitung. Während die Zeitung vor allem eine reißerische Titelseite braucht, buhlt im Netz jedes Posting einzeln um Aufmerksamkeit.
Laut Pernegger sind 40 Prozent der Facebook-Berichterstattung von "oe24" als beunruhigend einzustufen. "Heute" kommt auf 30 Prozent, die "Krone" kommt immerhin noch auf etwa 25 Prozent. Die Topthemen auf den Onlineseiten der Boulevardblätter sind Kriminalität, Flüchtlinge, Ausländer und Unfälle.

Clicks um jeden Preis

Um auf Social Media erfolgreich zu sein, wird für Medienkonzerne immer wichtiger viele Clicks zu generieren, sagt Gutzelnig von Storyclash: "Das ist bei vielen Medien schon die größte Quelle an Lesern. Mittlerweise kommen mehr Besucher von Facebook und Instagram als von Direkteinstiegen oder über die Googlesuche auf die Onlineseiten. Da haben Boulevardmedien einen klaren Vorteil, weil sie Beiträge teilen, die Emotionen auslösen."

Die Rechnung ist denkbar einfach: Je mehr Clicks auf die Website, desto höher die Preise für Werbung und Inserate. Bad News und große Emotionen in der Politik sind im Netz also ein noch härteres Geschäft als in der Zeitung.

Übersicht