Plastikkopf mit Gehirn

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Diagonal

Zum Thema Gehirn. Unser klügeres Ich

"Diagonal" über Chinesisch-Kurse für Dreijährige, Pioniere der Gehirnforschung, die Besonderheit des Gehirns von Albert Einstein und die Faszination der Populärkultur und Kunst für das Gehirn.

"Ich denke, also bin ich!" Dieser Grundsatz des französischen Philosophen René Descartes aus dem 17. Jahrhundert scheint unumstößlich. Doch wer ist "ich"? Bevor es uns bewusst wird, trifft das Gehirn "unsere" Entscheidungen, zeigen Experimente. Viele Hirnforscher/innen und Neurowissenschafter/innen sind sich einig: Das Ich ist eine vom Gehirn erzeugte Illusion. Aber eine nützliche: Sie sorgt dafür, dass wir nur Ausschnitte der Wirklichkeit erfassen, uns als einen Körper wahrnehmen und dass uns die Welt insgesamt als einheitlich erscheint.

Die Suche nach dem Ich - Thomas Metzinger im Interview

Thomas Metzinger ist einer der bedeutendsten deutschen Philosophen und weltweit anerkannten Bewusstseinsforscher. Sein Forschungs-Gegenstand ist das menschliche Bewusstsein, der Geist, das sogenannte Ich. Seit 2000 hält er eine Professur für Theoretische Philosophie an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz.

Er arbeitet an der Schnittstelle zwischen Philosophie des Geistes und kognitiver Neurowissenschaft und beschäftigt sich mit ethischen, anthropologischen und soziokulturellen Konsequenzen des Fortschritts in den Neurowissenschaften. Sehr wichtig ist ihm dabei Interdisziplinarität. In dem seit vielen Jahren existierenden "Open Mind Group"-Projekt gibt er wissenschaftliche Texte dazu heraus.

Peter Waldenberger

Das Gehirn also als Ego-Maschine?

Ein Apparat mit gigantischer Rechenleistung, die auf komplexen Interaktionen von Milliarden Neuronen beruht. Ohne es wären wir nicht lebensfähig. Wir könnten nicht kommunizieren, kooperieren, lernen, fühlen, uns erinnern. Inzwischen gibt es Ansätze, das menschliche Selbstmodell auf externe Systeme wie Roboter oder Avatare zu übertragen. Die Kombination aus künstlicher Intelligenz und Robotik verspricht - oder droht - die Grenze zwischen Mensch und Maschine aufzuheben.

Neurowissenschafter/innen bauen aber auch an Minigehirnen, um besser zu verstehen, was in den 5,8 Millionen km langen Nervenbahnen - entsprechend 145 Erdumfängen - eines erwachsenen Menschen vor sich geht. 2013 hat das auf zehn Jahre angelegte Human Brain Project der EU begonnen, nach einer Dekade des Gehirns in den USA in den 1990er Jahren und gewaltigen Forschungsausgaben auch in Japan und China.

"Diagonal" über die komplexeste bisher bekannte Struktur, das Gehirn - und die Versuche des Menschen, seine eigene Steuerung zu verstehen, ihre Funktionen wie Fehlfunktionen.

Service

Thomas Metzinger, "Der Ego-Tunnel. Eine neue Philosophie des Selbst: Von der Hirnforschung zur Bewusstseinsethik", Piper Verlag
Eric R. Kandel, "Auf der Suche nach dem Gedächtnis. Die Entstehung einer neuen Wissenschaft des Geistes", aus dem Amerikanischen von Heiner Kober, Pantheon Verlag
Dick Swaab, "Wir sind unser Gehirn. Wie wir denken, leiden und lieben", aus dem Niederländischen von Bärbel Jänicke und Marlene-Müller Haas, Knaur TB
Peter Düweke, "Kleine Geschichte der Hirnforschung. Von Decartes bis Eccles", Verlag C.H.Beck, Becksche Reihe
Mark Solms, Oliver Turnbull, "Das Gehirn und die innere Welt. Neurowissenschaft und Psychoanalyse" aus dem Englischen von Elisabeth Vorspohl, Walter Verlag
Michael Hagner, "Homo Cerebralis. Der Wandel vom Seelenorgan zum Gehirn", Suhrkamp Verlag
Michael Hagner, "Geniale Gehirne. Zur Geschichte der Elitegehirnforschung", Wallstein Verlag
Open Mind Net - Thomas Metzinger
Johannes Gutenberg Universität Mainz - Open Mind
PLOS - Brain Composer, TU Graz
science.ORF.at - Hirn ist "stärker" als Muskeln
NZZ - Kennen Sie Ihr Gehirn?
Check it!Wien - Drogen & Gehirn
Emanuel Gollob
Peter Kogler

Gestaltung