Mann auf dem Berg

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Ötzi-Drama

"Der Mann aus dem Eis" im Kino

Im September 1991 wurde in den Ötztaler Alpen eine circa 5.300 Jahre alte Gletschermumie gefunden, die seither unter dem Namen Ötzi weltweit bekannt wurde. Der Mann, der heute im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen ausgestellt ist, hat nicht nur für einen Rechtsstreit über die rechtmäßigen Finder gesorgt, sondern auch allerlei Spekulationen über die mögliche Lebensweise des "Ötzi" ausgelöst. Hier schließt auch der Film "Der Mann aus dem Eis" an, der die letzten Tage und Wochen des Ötzi auf seine Weise rekonstruiert.

Mittagsjournal | 04 12 2017

Arnold Schnötzinger

"Dies ist seine Geschichte." Ein handelsüblicher Satz im Vorspann des Films "Der Mann aus dem Eis" löst reflexhaft Verstimmung aus. Denn die Vollmundigkeit mit der behauptet wird, die Geschichte es Ötzi zu erzählen, ist eine ziemlich starke Ansage, die schon bald ihre Schwächen offenbart. Regisseur und Drehbuchautor Felix Randau relativiert denn auch die anfangs getroffene Behauptung: "Ich will eine fiktionale Geschichte erzählen, die aber soweit wie möglich authentisch ist."

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Ötzis Lebensweise

"Fiktional" lautet das Zauberwort. Es ist also eine mögliche und nicht unbedingt wahrscheinliche Geschichte des Ötzi, die sich Regisseur Randau zum Schicksal der Mumie ausgedacht hat. Eine Fiktion, die zumindest anfänglich an der Wirklichkeit, also an der Lebensweise des Ötzi und seiner Sippe interessiert ist: Schweine- und Ziegenzucht, Fallenstellen und Holzspalten, ein beschaulicher, oft ritualisierter Dorfalltag, Pfeil und Bogen als wichtigstes Instrument der Jagd und Verteidigung.

Western und Abenteuerfilm

Doch schnell landet der Film im Motivrepertoire des gegenwärtigen Durchschnittskinos: ein Überfall auf das friedliche Dorf, Plündern und Brandschatzen, als Folge ein Ötzi als einsamer Rächer, eine Verfolgungsjagd zu Spannungszwecken, allerlei Hinder- und Wagnisse dabei, Gut und Böse mit klaren Markierungen, schließlich eine Duellsituation. Regisseur Felix Randau: "Der Film ist eine Mischung aus Western und Abenteuerfilm, für mich eine Art spiritueller Abenteuerfilm."

Steinzeitsprache

Stürmische Winde, Eis und Schnee, unbarmherzige Kälte. Über eine offensive Inszenierung der Natur als Grundwidrigkeit im Leben des Ötzi will der Film an Authentizität gewinnen, genauso wie mit dem holprigen Versuch einer Art Steinzeitsprache, übrigens ohne Untertitel im Film. Ohnehin ist der Wortschatz dieser Verständigung recht bescheiden.

Humanist Ötzi

Während Ötzis Gegner als emotional völlig verwahrloste Wilde auftreten, macht der Film den Mann vom Similaun zu einem der ersten Humanisten der Menschheitsgeschichte: seine Rache verschont immerhin Frauen und Kinder, sexuelle Avancen einer Frau weist er quasi nobel zurück. Der Versuch den Kinozuseher in die Lebenswelt des Ötzi einzufühlen mündet aber in Allerweltskino. Der Eindruck, dass hier eine Berühmtheit als Vermarktungsvehikel für eine auswechselbare Abenteuergeschichte ausgenutzt wird, bleibt bis zuletzt bestehen.