Gedanken für den Tag

"Nach der Wintersonnenwende" von Philipp Harnoncourt

Philipp Harnoncourt ist Liturgiewissenschaftler und Ökumeniker in Graz.

In den christlichen Kirchen gibt es gegenwärtig drei oder vier verschiedene Daten für das Fest der Geburt Christi und zwei oder drei verschiedene Daten für das Epiphanie-Fest, das hierzulande als Dreikönigstag bekannt ist - je nachdem, wie der äthiopische Kalender interpretiert wird. Die in diesen Tagen gefeierten "Großtaten Gottes": Die Geburt Jesu, seine Beschneidung und Namengebung, seine Anbetung durch die Weisen aus dem Morgenland, seine Taufe im Jordan und das erste von ihm gesetzte Wunderzeichen bei der Hochzeit zu Kana - sind aber überall dieselben, wenn auch in unterschiedlicher Akzentuierung. Die Einordnung in den Jahreskreis unmittelbar nach der Wintersonnenwende ist eine Hauptursache dafür, dass diesen Feiern auch erlebnismäßig eine sehr hohe und zugleich tiefwurzelnde Bedeutung zukommt, sodass sie selbst in außerchristlichen Regionen und agnostischen Gesellschaften begangen werden - allerdings mit ganz anderen Inhalten. Gedanken von Philipp Harnoncourt für die ersten - und wieder länger werdenden - Tage des Neuen Jahres. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Jesus Christus, die unbesiegte Sonne

Es war im Jahr 44 vor dem Beginn unserer Zeitrechnung, als Julius Caesar den nach ihm benannten Kalender für das gesamte römische Reich in Kraft gesetzt hat. Der ägyptische Astronom und Mathematiker Sosigenes hatte ihn unter Achtung stadtrömischer Traditionen ausgearbeitet.  

Der Julianische Kalender, eine astronomische Glanz-Leistung der Antike mit bewundernswerter Balance zwischen Genauigkeit und Brauchbarkeit, ist ein reiner Sonnen-Kalender, d.h. er lässt den Mond-Zyklus, der im jüdischen und später im muslimischen Kalender maßgebend ist, vollständig außer Acht. Der vierjährige Schaltzyklus machte exakte Datierungen über Jahrhunderte hinweg möglich. Der Zyklus der 7-Tage-Woche - ein Beitrag des Judentums zum Kalender - wurde beibehalten, doch traten die Namen der Planeten an die Stelle der jüdischen Tagesbezeichnungen.  

Die Winter-Sonnenwende, die als jährlich wiederkehrender Geburtstag der unbesiegten Sonne - natale solis invicti - gefeiert wurde, sollte immer auf den 25. Dezember fallen. Die Verehrung des Sonnengottes Mithras hatte sich damals bereits im ganzen Reich durchgesetzt.

Nach Berechnungen der Kirchenväter ist Jesus Christus an einem 25. März - dem Tag der Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche - gekreuzigt worden; also musste er auch am gleichen Tag empfangen sein. Und von da ausgehend wurde der 25. Dezember als Tag der Geburt Christi berechnet.

Nun ist ER für alle, die an ihn glauben, die unbesiegte Sonne, die Sonne, die niemals untergeht, weil er in seiner Auferstehung die Macht des Todes endgültig gebrochen hat.

Die Kirche von Rom singt in der 1. Vesper zum Weihnachtsfest:
Wenn die Sonne am Himmel ihren Lauf beginnt, schaut ihr den König der Könige.
Wie ein Bräutigam aus seinem Gemach, so geht er aus dem Vater hervor!

Service

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Anonym
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Philipp Nicolai
* Nr.1 Wie schön leuchtet der Morgenstern / Chor (00:09:31)
Leitung: Nikolaus Harnoncourt
Ausführende: Concentus musicus Wien
Choreinstudierung: Hans Gillesberger
Chor: Wiener Sängerknaben
Solist/Solistin: Max Van Egmond /Baß
Solist/Solistin: Wiener Sängerknaben /Solist, Sopran
Solist/Solistin: Kurt Equiluz /Tenor
Länge: 01:10 min
Label: Teldec 835027 (2 CD)

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