Gedanken für den Tag

18. Februar 2012, 06:56

Wie sind Menschen miteinander verbunden, und wie äußert sich ihr Wunsch nach Nähe oder Ferne? Rund um den "Valentinstag" stellt sich die junge österreichische Schriftstellerin Andrea Winkler die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen von zwischenmenschlichen Beziehungen und ihren Niederschlag in der Literatur.

Andrea Winkler wurde 1972 geboren. Sie lebt als Schriftstellerin in Wien.

Und wenn es so scheint, als wäre alles nur noch Missverständnis und gar nicht mehr korrigierbar, was dann? Was bleibt dann zu tun? Man kann zum Beispiel lachen darüber, und so lange dem eigenen Lachen zuhören, bis es einem fremd wird und das Missverständnis schrumpft. Am Ende hat man dann wenig zu sagen darüber, aber der Nachhall des Gelächters tut auch etwas, und also macht es eigentlich nichts, dass einem die Worte zu fehlen anfangen. Ein Lachen von dieser Qualität ruft eine Figur namens Himmelkumov von Daniil Charms wach. Die Geschichten, die der Dichter von ihr erzählt, umfassen nur sechs Abschnitte, die ihrerseits aus ganz wenigen Sätzen bestehen. Eine davon lautet: "Himmelkumov bemalte sich das Gesicht mit grüner Tusche und trat ans Fenster. ,Sollen alle denken, ist der aber merkwürdig', sagte Himmelkumov zu sich selbst." Liest man das, weiß man augenblicklich, dass da draußen im Augenblick niemand vorbei geht, ja, dass nicht einmal ein Hund den Kopf hebt und den Am Fenster Stehenden anbellt. Solche Augenblicke, denkt man dann weiter, gibt es; Augenblicke, in denen jemand wie Himmelkumov mit der realen Welt noch weniger zusammen kommt wie der Mond mit der Sonne. Er ist in eine Vorstellung verstrickt, irgendeine fixe Idee, und sei's in die, dass alles in Wahrheit anders und er selber mindestens merkwürdig ist. Muss man jetzt mit Himmelkumov mitfühlen, so verwirrt, wie er scheint? - Und wie verhält sich denn der Text zu Himmelkumov? Lacht er ihn wirklich aus, indem er bewirkt, dass wir unter Umständen lachen? Wohl kaum, denn er ist der einzige, der im Augenblick mit Himmelkumov das Zimmer teilt. Außer dem leisen Laut, das vom Lachen geblieben ist und sich dazu gesellt.

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