Diagonal - Radio für Zeitgenoss/innen

18. Februar 2012, 17:05

Im Winter vor einem Jahr entschied sich in der tunesischen Hauptstadt der erste Umsturz im "Arabischen Frühling". Leichter als anderswo in der Region scheint in Tunesien der Weg zur Demokratie. Die Kunst- und Kulturszene blüht auf, seit in der so genannten Jasminrevolution (in Tunesien spricht man lieber von der "Revolution der Würde") die Zensur weggefallen ist. Toleranz und Gelassenheit gelten als charakteristisch für das kleinste der Maghreb-Länder, das seit Jahrtausenden städtisch geprägt ist - selbst den Namen hat das Land von der Hauptstadt.

Von Tunis fährt man mit der Schnellbahn 20 Kilometer nach Karthago, gegründet durch phönizische Händler 814 vor unserer Zeitrechnung. Drei Jahrhunderte später war die Stadt auf halbem Weg zwischen Gibraltar und Levante mit 400.000 Einwohnern die größte und reichste am Mittelmeer. Tunesien war numidisch, punisch, römisch, arabisch, spanisch-habsburgisch, osmanisch und französisch, erst seit 1957 ist es unabhängige Republik. Das heutige Tunis mit seinen zweieinhalb Millionen Einwohnern im Großraum bewahrt das urbane Erbe aus fast drei Jahrtausenden: Das Museum Le Bardo zeigt die größte Sammlung römischer Bodenmosaike; die Medina von Tunis ist eine der bedeutendsten Altstädte Nordafrikas, daneben liegt die Kolonialstadt aus dem 19. und 20. Jahrhundert.

"Um die Atmosphäre von Tunis zu spüren, nehme man einen Hauch von Rom, eine Prise Paris, etwas Westafrika und eine gehörige Dosis Arabien" (der Autor und Korrespondent Rudolph Chimelli). Doch wie wird es mit der kosmopolitischen Vielfalt weitergehen? Bei den ersten freien Wahlen Ende Oktober 2011 erhielt die islamistische Partei Ennahda ("Wiedererweckung") 41 Prozent der Stimmen. Welche Zukunft wollen ihre Anhänger für Tunis und Tunesien?

Service

Frank Nordhausen/ Thomas Schmid (Hrsg.), "Die Arabische Revolution. Demokratischer Aufbruch von Tunesien bis zum Golf", Christoph Links-Verlag

Charles Bilas/ Thomas Bilange, "Tunis, l'orient de la Modernité", (Bildband, frz.), Buchandlung Walther König

Albert Memmi, "Die Salzsäule", Übersetzung von Gerhard M. Neumann, Europäische Verlagsanstalt

Werner Huß, "Karthago" und "Die Karthager", beide: C.H. Beck Verlag

Tunis: Jeden Samstag Vormittag erklärt die Historikerin Jamila Binous bei ihrer Architekturführung den Städtebau der Medina und zeigt kunstgeschichtliche Höhepunkte Dar El Jeld

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