Zwischenruf

von Superintendent Paul Weiland (St. Pölten)

Acht Tage vor Weihnachten ein Zwischenruf der anderen Art: Christkind oder Weihnachtsmann, wer bringt eigentlich am 24. Dezember die Geschenke? Wer steht eigentlich tatsächlich für Weihnachten?

Christkind oder Weihnachtsmann, das ist nicht nur eine theoretische Frage. Wer sich damit beschäftigt, ist zugleich mit der Bedeutung von Weihnachten im eigenen Leben konfrontiert.

Vordergründig liefern sich Christkind und Weihnachtsmann in den Schaufenstern der Geschäfte und in den Einkaufsstraßen ein Duell. Die rot gekleideten Männer mit weißem Pelzbesatz haben quantitativ wohl die Nase vorn.

Und auch vom Alter her liegen die Weihnachtsmänner voran, und das nicht nur weil Männer eben älter sind als Kinder. Ihr heute typisches Aussehen verdanken sie der Werbekampagne einer amerikanischen Getränkefirma in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, tatsächlich gehen die Anfänge des Weihnachtsmannes auf Bischof Nikolaus von Myra zurück. Dieser lebte im 3./4. Jahrhundert in Kleinasien. Als sein Sterbetag wird in der Überlieferung der 6. Dezember 343 genannt. Er hat sich immer sehr um die Armen und besonders um die Kinder gekümmert und ihnen nachts heimlich Geschenke gebracht. Im Mittelalter wurde deshalb das Beschenken der Kinder und der Armen am 6. Dezember zum Brauch.

So gesehen hat der Weihnachtsmann schon sehr viel mit Weihnachten zu tun. Es geht um das Wahrnehmen der Armut in unserer Gesellschaft. Und es geht darum, dagegen etwas zu tun. Dass 500.000 Menschen in Österreich arm sind, dass eine Milliarde Menschen weltweit hungern, das wird man sicher nicht mit dem einen oder anderen Geschenk verhindern können. Aber eine geänderte Lebenseinstellung, die immer auch den anderen in Blick hat, die weiß, dass Teilen reicher macht, und die auf Nachhaltigkeit setzt, wird unsere Gesellschaft verändern.

Der Gabenbringer Nikolaus, inzwischen längst ein Heiliger, war eben dann wegen seiner Heiligkeit in der Zeit der Reformation nicht unumstritten. Zwar wollten die Reformatoren das Geschenkemachen nicht abschaffen, da es ja eine tiefe Symbolik enthält, aber diese Funktion auch nicht gerade einem Heiligen überlassen. So brachte Martin Luther das Christkind mit Weihnachten in Verbindung und verlegte den Tag des Beschenkens vom 6. auf den 24. Dezember.

Luther hat wohl in Anlehnung an das Christuskind in der Krippe das Christkind gesehen. Aber beide sind nicht identisch. Parallelen sind jedoch vorhanden. Das kleine, unschuldige, eher schwache Christkind besitzt ein ungeheures Potential. Im Stillen, im Verborgenen lässt es Kinderaugen leuchten, es beschenkt Menschen in der ganzen Welt und bringt ihnen viel Freude und Frieden.

So gesehen hat das Christkind schon sehr viel mit Weihnachten zu tun. Gott kommt in einem kleinen, schwachen Kind in die Welt. Es ist keine Welt, die das Christuskind mit offenen Armen aufnimmt. Flucht und Heimatlosigkeit begleiten von Anfang an sein Leben. Es ist ein Leben, in dem Christus deutlich macht, dass nichts wichtiger ist, als gerade diese Welt und gerade diese Menschen in der Welt mit den Augen der Liebe zu sehen.

Nicht Körperkraft, nicht Reichtum, nicht Macht, nicht Gewalt sind die Faktoren, die wirklich eine nachhaltige Änderung bewirken können, es ist die Liebe.

Ich denke: Zu Weihnachten geht es eigentlich darum, die Menschen um uns mit den Augen der Liebe zu sehen. Die Flüchtlinge und Asylanten, damit sie eine menschenwürdige Unterkunft und Begleitung erleben. Die Obdachlosen und Sandler, damit sie wieder Würde spüren. Die schuldig gewordenen Menschen, damit sie die Kraft der Vergebung erfahren.

Christkind oder Weihnachtsmann - ehrlich, mir ist das Christkind sympathischer, aber eigentlich geht die Frage unentschieden aus. Denn eigentlich sind beide Symbol und Ausdruck dafür, dass Gott in die Welt gekommen ist, um Menschen mit Liebe, Gerechtigkeit und Vergebung zu beschenken, damit die so Beschenkten andere beschenken können. Ein Kreislauf der Liebe und guter Taten.

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