Gedanken für den Tag

Von Stefan Haider. "Göttlich lachen". Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Im Roman "Der Name der Rose" von Umberto Eco wird ein alter Mönch zum Mörder, weil er nicht will, dass das zweite Buch der aristotelischen Poetik, dessen einziges Exemplar sich in der Klosterbibliothek befindet, allgemein bekannt wird. In diesem Buch lobt und rechtfertigt Aristoteles das Lachen, weshalb der Mönch befürchtet, dieses Buch könne die Menschen vom gottgefälligen Leben abbringen. Nur Angst und die Furcht vor dem Teufel könnten die Menschen am rechten Weg halten, während das Lachen ein Merkmal menschlicher Sündhaftigkeit und Beschränktheit sei. Ein Rest dieses Glaubens scheint auch heute noch Denken und Handeln mancher Religionsvertreter zu motivieren. Ich halte dieses Argument für das schlechteste zur Begründung, warum Glaube und Humor nicht miteinander können. Das beste Argument dafür stammt meines Erachtens vom dänischen Theologen und Philosophen Sören Kierkegaard: Er meint, dass Glaube und Humor deshalb nicht zusammenpassen, weil Humor Distanz schaffe. Distanz sei aber nicht angebracht im Verhältnis zu Gott. Ein gläubiger Mensch sucht die Nähe Gottes, will sich mit Gott so weit wie möglich vereinen. Und dabei hat etwas Distanzschaffendes nichts verloren.

Die Unmöglichkeit einer friedlichen Koexistenz von Glaube und Humor lässt sich also verschiedentlich ganz gut begründen. Gerade das Distanz-Argument von Kierkegaard schlägt aber, glaube ich, eine Brücke zwischen Glaube und Humor. Beide Sphären, die des Glaubens und die des Humors, schaffen Distanz zur Welt, lassen uns einen Schritt zurückgehen und die Dinge ein bisschen weiter sehen. Glaube und Humor können uns vor der großen Banalität bewahren und vor jeder Art der Totalität. Darum wurde und wird ja gerade in totalitären Systemen das Lachen nicht geschätzt, mitunter sogar verfolgt. Weil der lachende Mensch auch der kritische Mensch ist, der sich nicht gleich der Autorität beugt und unverrückbare Wahrheiten nicht ohne weiteres gelten lässt.

Service

Stefan Haider - shake it, baby!

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: James Horner
Gesamttitel: Der Name der Rose / Original Filmmusik
Titel: The Discovery
Länge: 02:20 min
Label: Teldec 8.26404

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