Gedanken für den Tag

von Luise Müller, evangelische Theologin. "Heute und vor 2.000 Jahren" - Gedanken zur christlichen Karwoche. Gestaltung: Alexandra Mantler

Die letzten Tage waren ein einziger Wahnsinn. Unausweichlich steuert die Krise auf ihren Höhepunkt zu. Man hat ihm den Prozess gemacht, Todesurteil. Für seine Freunde war das die Katastrophe. Kopflos tun sie Dinge, zu denen sie sich nie fähig geglaubt hatten, Verrat, Verleugnung, Flucht, und wer weiß was sonst noch. Sollte alles falsch gewesen sein? Eine einzige große Täuschung?

Ihn zu sehen, wie er da am Kreuz hängt, zwischen Himmel und Erde, wie ein Verbrecher, das ist fast nicht auszuhalten.

Als das ganze Drama von Jesu Sterben erzählt ist, werden auch sie erwähnt: Einzelne, unter ihnen Frauen, die bis zum Schluss bei Jesus bleiben. Längst ist alles entschieden, keine Rettung mehr möglich, die dunkelsten Stunden seines Lebens brechen an.

Wer je einen Menschen beim Sterben begleitet hat, weiß, was das abverlangt: nicht nur dem Sterbenden, nein, auch dem, der dabei bleibt. Der es aushält, hilflos zuzuschauen, sich zu begnügen, eine Hand zu halten, übers Haar zu streicheln. Aber selbst das geht hier nicht. Jesus hängt sterbend am Kreuz, ist in der Verfügungsgewalt der Herrschenden. Und die, die mit ihm bisher durchs Leben gegangen waren, haben bestenfalls einen Platz am Rande dieses grausamen Schauspiels. Zuschauer und doch mittendrin. Nichts mehr tun können, nur noch dabei bleiben, die letzten Schreie der Verlassenheit hören, die Klage mittragen, und schließlich vielleicht die Ergebenheit in Gott teilen, auch ohne zu wissen, wohin der nächste Schritt gehen soll, wenn der letzte Atemzug Jesu getan ist.

Wie kann man solche Trauer ertragen? Karfreitag zeigt mir verschiedene Möglichkeiten. Man kann fliehen, kopflos unsinnige Dinge tun, aber man kann auch einfach da sein, mitfühlen, mitleiden, mitaushalten.

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Jacob Klein/1688-1748
Album: JACOB KLEIN: 6 SONATEN FÜR VIOLONCELLO UND B.C. OP.4 (opera quarta)
* Andante - 2.Satz (00:03:43)
Titel: Sonate op.4 Nr.3 in G-Dur für Violoncello und B.c.
Cellosonate
Solist/Solistin: Kristin von der Goltz /Barockcello
Solist/Solistin: Hille Perl /Viola da gamba
Solist/Solistin: Lee Santana /Barocklaute
Länge: 02:00 min
Label: Raumklang RK2204

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